Brüssel. . Einsatz gegen mutmaßliche Islamisten soll schweren Anschlag verhindert haben. Einen Zusammenhang mit den Attentaten in Frankreich gibt es wohl nicht.
Nach dem großen Anti-Terror-Einsatz mit zwei Toten befindet sich Belgien im Alarmzustand. Die Behörden riefen die zweithöchste Terrorstufe für das ganze Land aus. Polizeiwachen wurden verbarrikadiert; die jüdischen Schulen in Brüssel und Antwerpen blieben geschlossen. Die Regierung wollte am Vormittag über schärfere Sicherheitsmaßnahmen beraten.
Bei dem Einsatz im Grenzgebiet zu Deutschland wurden am Donnerstag in Verviers zwei Terrorverdächtige bei einem Schusswechsel getötet, ein dritter überlebte. Die Identifizierung der beiden Toten ist noch nicht abgeschlossen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Brüssel, Eric van der Sypt, am Freitag.
Insgesamt wurden zwölf Objekte in verschiedenen Städten wie Verviers, Anderlecht und Brüssel durchsucht. Dabei gab es 13 Festnahmen - bei einigen Personen handelt es sich um Syrien-Rückkehrer. Im Rahmen der Durchsuchungen wurden verschiedene Waffen - darunter Kalaschnikovs und Schnellfeuerwaffen - sowie Munition sowie Sprengstoff gefunden. Zudem entdeckten die Beamten Polizeiuniformen sowie Handys, Sprechfunkgeräte und falsche Dokumente.
Verdächtige wollten offenbar belgische Polizisten ermorden
Auch interessant
Ziel der mutmaßlichen Islamisten sei nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft die Ermordung von Polizisten und ein Angriff auf ein Polizeikommissariat gewesen. Nach Angaben der Ermittler stand ein "größerer Anschlag unmittelbar bevor". Im Mai vergangenen Jahres hatte ein Islamist bei einem Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel vier Menschen getötet.
Auch in Frankreich sind verdächtige Personen belgischer Herkunft festgenommen worden. Nach Angaben aus Justizkreisen habe die Polizei in der Nacht zum Freitag im Großraum Paris zugegriffen, berichtete der Nachrichtensender BFMTV. Mit dem Einsatz sollte nicht nur die Terrorzelle dingfest gemacht werden, sondern auch die gesamte Logistik und Netzwerk ausgehöhlt werden. Es war Teil von großangelegten europäischen Anti-Terror-Maßnahmen, die mit Behörden in anderen Ländern abgesprochen waren.
Bei der Kabinettssitzung ging es am Freitag um die Frage, wie Terroranschläge verhindert werden könnten, meldete das belgische Radio RTBF. Angedacht seien der Einsatz des Militärs zur Überwachung von Einrichtungen, eine Ausweitung von Telefon-Abhöraktionen sowie Maßnahmen zum Schutz gegen rückkehrende Dschihad-Kämpfer aus Syrien oder dem Irak. Dort hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ein Kalifat ausgerufen, das Hunderte Kämpfer aus Europa anzieht.
Polizeieinsatz basiert offenbar auf abgehörten Telefonaten
Einen Zusammenhang mit den Anschlägen in der vergangenen Woche in Frankreich sehen die Ermittler nach eigenen Angaben nicht. Einer der Attentäter von Paris hatte aber Verbindungen nach Belgien. Ein Mann aus der südbelgischen Stadt Charleroi hatte offenbar in den vergangenen Monaten mit Amedy Coulibaly - dem erschossenen Pariser Geiselnehmer - über den Kauf eines Autos und von Waffen verhandelt - ohne dass das Geschäft zustande kam.
Auch interessant
Laut RTBF basierte der Polizeieinsatz vom Abend auf abgehörten Telefonaten von Terrorverdächtigen, die aus Syrien zurückgekehrt waren. Sie hätten vor allem Anschläge auf die Polizei und Justiz geplant. Nun will die belgischen Regierung unter anderem die Telefon-Überwachung von Verdächtigen ausweiten.
Gegen die Radikalisierung von Muslimen plant Belgien zudem Projekte in Gefängnissen und die Kontrolle sozialer Netzwerke. Das Thema stand bereits vor dem Polizeieinsatz auf der Agenda der Kabinettssitzung, erhielt nun aber neue Brisanz. (we/mit dpa)
Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Belgien