Brüssel. Bei einem Anti-Terror-Einsatz in Belgien sind am Donnerstag zwei Verdächtige getötet worden. Ein schwerer Anschlag stand offenbar unmittelbar bevor.
- Zwei Terrorverdächtige bei Einsatz in Belgien getötet. Ein dritter Mann wurde festgenommen.
- Mit den Razzien wurde offenbar eine Dschihadisten-Zelle zerschlagen.
- Ermittler: Angriff in Belgien stand unmittelbar bevor. Ziel waren Polizeikräfte.
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Mit einem großangelegten Anti-Terror-Einsatz hat die belgische Polizei Anschlagspläne mutmaßlicher Dschihadisten vereitelt. Nach Angaben der Ermittler stand ein größerer Angriff in dem Nachbarland unmittelbar bevor. Im Grenzgebiet zu Deutschland wurden bei dem Einsatz zwei Terrorverdächtige bei einem Schusswechsel getötet, ein dritter überlebte. Er wurde bei dem Zugriff in Verviers am Donnerstag festgenommen und soll am Freitag einem Richter vorgeführt werden. Die ostbelgische Stadt Verviers liegt nur rund 35 Kilometer von Aachen entfernt.
Dschihadisten-Zelle zerschlagen
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wurde mit den Razzien eine Dschihadisten-Zelle zerschlagen. Sprecher Eric van der Sypt sagte, ein größerer Terroranschlag habe unmittelbar bevorgestanden. "Insbesondere Polizeikräfte waren das Ziel in Belgien", berichtete van der Sypt. Es gehe um rund zehn Personen, zum Teil Rückkehrer aus Syrien. Deren Aktivitäten hätten „eine unmittelbar bevorstehende“ Bedrohung dargestellt. Die Sonder-Einsatzkräfte der Bundespolizei sowie Zivilisten, die sich in der Nähe befanden, blieben unverletzt.
Der dramatischste Einsatz spielte sich am frühen Abend in der Innenstadt von Verviers ab. Die Täter hätten automatische Waffen und Kalaschnikows eingesetzt, hieß es, sie hätten in der Rue de la Colline direkt das Feuer auf die Spezialkräfte der Polizei eröffnet und minutenlang geschossen. Anwohner berichteten von „Explosionen“ und „einem Kugelhagel“. Dabei wurde neben den beiden Getöteten ein dritter Verdächtiger leicht verletzt und in Gewahrsam genommen. Die Identität der Toten blieb zunächst offen. Alle seien belgische Staatsangehörige, so die Ermittler.
Einen Zusammenhang mit den islamistischen Attentaten, die Frankreich in der zurückliegenden Woche erschütterten, sieht die Staatsanwaltschaft nicht. "Es gibt keine Verbindung zu dem, was in Paris passierte", sagte van der Sypt. Die Behörden berichteten über eine wachsende Zahl von Hinweisen auf verstärkte Aktivitäten und Drohungen aus der radikal-islamistischen Szene.
Sicherheitskräfte verhinderten womöglich ein Blutbad
Dem Anti-Terror-Einsatz sind nach Angaben der Regierung monatelange Ermittlungen vorausgegangen. Dies teilte der Sprecher von Ministerpräsident Charles Michel, Frédéric Cauderlier, in der Nacht auf Freitag laut belgischer Nachrichtenagentur Belga mit. Zuvor traf sich Michel demnach mit Innenminister Jan Jambon und Justizminister Koen Geens zu einer Krisensitzung. Die drei Politiker hätten den "minutiös geplanten" Einsatz am Abend von Beginn an verfolgt. „Wir haben dank unserer Sicherheitskräfte womöglich ein Blutbad verhindert“, sagte die frühere Justizministerin Laurette Onkelinx im Fernsehen.
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In der Stadt Verviers gebe es bis zu zehn Personen, die in Syrien gewesen seien, berichtete der belgische TV-Sender RTL-Info. Die Ermittler äußerten sich offiziell nicht zu einer möglichen Zugehörigkeit der Syrien-Kämpfer zu einer bestimmten Terrororganisation. Ein hochrangiger belgischer Geheimdienstmitarbeiter sagte dem US-Sender CNN, man nehme an, dass die mutmaßliche Zelle Anweisungen von der in Syrien und im Irak aktiven Terrormiliz Islamischer Staat erhalten habe. Die gesamte Innenstadt von Verviers war über Stunden abgeriegelt, Busse und Bahnen fuhren nicht. Weitere Einsätze gab es im Brüsseler Stadtteil Molenbeek, Zentrum der größten muslimischen Gemeinde der Landeshauptstadt, und im Vorort Vilvoorde nördlich von Brüssel.
Nach dem großangelegten Anti-Terror-Einsatz in Belgien berät die Regierung über schärfere Sicherheitsmaßnahmen. Bei der Kabinettssitzung am Freitag werde es um die Frage gehen, wie mögliche Terroranschläge verhindert werden könnten, meldete das belgische Radio RTBF. Dabei gehe es etwa um Maßnahmen zum Schutz gegen rückkehrende Kämpfer aus Syrien oder dem Irak. Angedacht sei auch, die Telefon-Überwachung von Verdächtigen auszuweiten. Um Radikalisierung zu verhindern, seien Projekte in Gefängnissen und die Kontrolle sozialer Netzwerke geplant. Das Thema stand auch bereits vor der Polizeiaktion auf der Agenda, erhielt nun aber neue Brisanz. Nach den Razzien vom Donnerstag gilt für die gesamte belgische Polizei und Justizgebäude Alarmstufe drei (von maximal vier).
Festnahmen in Berlin und Paris am Freitagmorgen
Bei einem Großeinsatz gegen Terrorverdächtige hat die Berliner Polizei am Freitagmorgen zwei Männer festgenommen. Die 41 und 43 Jahre alten Festgenommenen und drei weitere Männer stehen laut Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei im Verdacht, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat in Syrien vorbereitet zu haben. Sie hätten auch für die Terrormiliz Islamischer Staat geworben.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den islamistischen Terroranschlägen von Paris sind in Frankreich erneut mehrere Personen festgenommen worden. Nach Angaben aus Justizkreisen habe die Polizei in der Nacht zum Freitag im Großraum Paris zugegriffen, berichtete der Nachrichtensender BFMTV. Insgesamt acht Verdächtige seien für Vernehmungen in Gewahrsam gekommen.
Ob es sich um mögliche Komplizen oder Helfer der Attentäter handelt, war zunächst unklar. Diese waren am Freitag vergangener Woche beim Zugriff der Polizei erschossen worden, nachdem sie 17 Menschen getötet hatten. (we/dpa)
Tote bei Anti-Terror-Einsatz in Belgien