Kairo. . Die Terrorgruppen IS und Al-Kaida wollen sich mit blutigen Anschlägen übertrumpfen, um neue zu Mitglieder gewinnen. Die Terrorgefahr in Europa steigt.
Er nennt sich Abu Mujahid und trägt eine schwarze Häkelkappe. Das Sturmgewehr hält er locker in beiden Händen, während er in die Videokamera spricht. „Ich habe in Deutschland gelebt und bin in Deutschland geboren“, deklamiert der junge Mann mit dunklem Bart. „Dann bin ich (...) zu dem Entschluss gekommen, dass man in Deutschland definitiv nicht leben kann und dass Allah von einem verlangt, den Boden der Ungläubigen zu verlassen.“
Abu Mujahid ging nach Syrien und schloss sich zunächst der Al-Nusra-Front an. „Ich habe mir gedacht, ok, Al-Kaida – das ist schon der richtige Weg, da werde ich schon nicht falsch sein“, bekennt er in seinem Youtube-Auftritt. Doch bereits nach einigen Monaten fühlte er sich enttäuscht über die neuen Mitkämpfer, weil sie den Dschihad nicht so praktizierten, wie er es „aus Büchern“ gelernt hatte. Doch am Ende sei er zum „Islamischen Staat“ gekommen: „Ich habe den Treueeid auf den Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi abgelegt. Jetzt bin ich ein stolzes Mitglied des Islamischen Staates.“
Viele Al-Kaida-Aktivisten schließen sich IS an
Wie Abu Mujahid haben seit Mitte letzten Jahres tausende Kämpfer in Syrien und Irak Al-Kaida den Rücken gekehrt und dem „Islamischen Staat (IS)“ Gefolgschaft geschworen – genauso wie Terrorbrigaden in Ägypten, Libyen und Algerien. Rund 50 000 Dschihadisten kämpfen in ihren Reihen, darunter etwa 15 000 Ausländer, von denen rund ein Viertel aus Europa kommt.
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Seit der neue, selbst ernannte „Kalif Ibrahim“, alias Abu Bakr al-Baghdadi, weltweit als der gefürchtetste Organisator des Islam-Terrors gilt, war es eine Weile stiller geworden um die Al-Kaida-Führung von Ayman al-Zawahiri in Afghanistan. Zudem hatten die IS-Extremisten dem 63-jährigen Bin Laden-Nachfolger vor einem Jahr öffentlich den Gehorsam aufgekündigt. Seit Paris jedoch ist der globale Terrorrivale weltweit zurück – vor allem seine gefährlichste Filiale im Jemen. Die beiden Attentäter auf „Charlie Hebdo“ wurden hier in Terrorcamps ausgebildet. Al -Kaida im Jemen habe das Ziel festgelegt, den Operationsplan entworfen und finanziert sowie „die Helden rekrutiert“, hieß es im Bekennervideo.
Erstmals vor den Toren Israels
Die blutige Rivalität der beiden extremistischen Organisationen könnte ihre Gewaltstrategien mit der Zeit verändern – und damit die Terrorgefahr in Europa und den Vereinigten Staaten erhöhen.
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So könnte IS in Zukunft stärker darauf setzen, Al-Kaida mit spektakulären Attentaten in westlichen Ländern zu übertrumpfen, ausgeführt durch ihre nicht-arabischen Dschihadisten. Al-Kaida dagegen könnte versuchen, in Syrien ebenfalls eine größere Region unter seine Kontrolle zu bringen und sich damit am südlichen Rand des Mittelmeeres fest zu etablieren. So gelang Kämpfern der Al-Nusra-Front vor drei Wochen ein spektakulärer Coup gegen die Assad-Armee, der den Erfolgen des „Islamischen Staates“ in nichts nachsteht.
Auch auf den Golanhöhen kontrolliert Al-Kaida inzwischen strategische Stellungen, vor allem Quneitra nahe der Demarkationslinie zwischen Syrien und Israel. Damit steht der Terrorbund erstmals wenige hundert Meter vor den Toren Israels.