Berlin. Das Abschalten von Atomkraftwerken ist das eine, die Entsorgung der Abfälle das andere. In Deutschland könnte weit mehr Atom-Müll anfallen als bisher bekannt. Das geht aus dem Entwurf eines nationalen Entsorgungsplans hervor. Viele für ein Endlager bestimmte Fässer verrosten schon.
Deutschland muss wahrscheinlich deutlich mehr Atommüll entsorgen als bisher öffentlich bekannt. Die Menge der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle könnte sich auf bis zu 600.000 Kubikmeter verdoppeln, wie aus dem Entwurf eines nationalen Entsorgungsplans hervor geht. Dieser wird derzeit zwischen Bundesregierung und Ländern abgestimmt. Das für diese Abfälle geplante Endlager Schacht Konrad in Salzgitter ist bisher aber nur für 303.000 Kubikmeter genehmigt. Es soll nach jahrelangen Verzögerungen bis 2022 in Betrieb gehen.
Der Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, zunächst hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet. Hauptgrund für das Anwachsen sind 200.000 Kubikmeter an kontaminiertem Material, die - falls überhaupt möglich - aus dem maroden früheren Salzbergwerk Asse bei Wolfenbüttel geborgen werden sollen. Hierfür könnte ein weiteres Endlager notwendig werden. Eine Sprecherin von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) betonte, die Zahlen seien längst bekannt. Allerdings werden sie nun erstmals in dem Entsorgungsplan zusammengeführt, mit dem EU-Vorgaben erfüllt werden.
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Rund 90 Prozent der deutschen Atomabfälle sind schwach- und mittelradioaktiv
Bei den Abfällen zählt der Bund zudem in dem Entwurf auch Abfälle aus der Urananreicherungsanlage in Gronau als Atommüll mit. In dem Entsorgungsplan wird mit bis zu 100.000 Kubikmetern Atommüll aus der Urananreicherung gerechnet. "Eine Erweiterung des Endlagers Konrad für diese möglichen Abfälle wird nicht ausgeschlossen", heißt es im Entwurf mit Blick auf diese Abfälle. Zusammen mit den 200.000 Kubikmetern Asse-Müll ergibt sich die genannte Erhöhung der Menge.
Rund 90 Prozent der deutschen Atomabfälle sind schwach- und mittelradioaktiv, von Bauteilen der Atomkraftwerke bis zum Strahlenschutzanzug. Laut Bundesamt für Strahlenschutz machen diese Abfälle aber nur etwa 0,1 Prozent der gesamten Radioaktivität aus.
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Für die hoch radioaktiven Abfälle gibt es noch kein Endlager, es soll ab 2016 bundesweit gesucht werden und bis 2031 gefunden sein. Dieser stark strahlende Müll wird bisher vor allem im Zwischenlager Gorleben und an den Atomkraftwerken zwischengelagert. Eine beim Bundestag angesiedelte Kommission soll bis 2016 Richtlinien für die Suche vorschlagen. Die Vorsitzenden, Ursula Heinen-Esser (CDU) und Michael Müller (SPD), erklärten, dass "die Kommission selbstverständlich das Gesamtvolumen im Blick habe." Nach dem Standortauswahlgesetz sei die Kommission insbesondere mit den hoch radioaktiven Abfallstoffen befasst. "Dies schließt jedoch nicht aus, auch die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in die Überlegungen einzubeziehen."
Sorgen bereitet der marode Zustand vieler Fässer mit Atom-Müll
Schleswig-Holsteins Energieminister Robert Habeck (Grüne) lobte die neue Bestandsaufnahme. "Viel zu lange hat man sich die Menge schöngeredet", sagte er. Neue Sorgen bereitet der marode Zustand vieler Fässer mit dem schwach- und mittelradioaktiven Müll.
Laut einem NDR-Bericht gibt es deutlich mehr beschädigte Atommüllfässer als bislang angenommen. Von den rund 85 000 Behältern seien fast 2000 verrostet oder anderweitig beschädigt, berichtet das Politikmagazin "Panorama 3" unter Berufung auf die Aufsichtsbehörden der Länder.
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Besonders problematisch ist die Situation im Zwischenlager in Karlsruhe, wo Prüfer mehr als 1700 beschädigte Behälter gefunden hätten. Ein Sprecher der für die Entsorgung der Anlage zuständigen Firma WAK sagte, es sei nicht erwartet worden, dass die Lagerung bis zum Transport in ein Endlager so lange dauern werde.
Das Bundesumweltministerium betonte, bisher sei eine Freisetzung von Radioaktivität nur "im Kontrollbereich des Atomkraftwerkes Brunsbüttel" bekannt. Hier werde vom Betreiber ein Bergungskonzept erarbeitet. So könnten schadhafte Fässer vorsorglich in Überfässer gestellt werden. (dpa)