Berlin. Das geplante Anti-Doping-Gesetz der Minister de Maizière und Maas zielt auf die Verwendung, aber auch auf den Handel mit Dopingmitteln. Ein Experte lobt: „Das ist eine Steilvorlage für sauberen Sport.“ Athleten, die sich dopen, müssen nicht mehr nur mit Sperren rechnen, sondern mit Haftstrafen.

Allein die Liste mit den verbotenen Substanzen umfasst nahezu fünf Seiten. Sie beginnt bei A wie Androstendiol und endet mit der Aufzählung von Salzen, Ether und Mischungen von Isomeren. Sie gehört zum neuen Anti-Doping-Gesetz mit typisch deutscher Gründlichkeit und dem hohen Anspruch, „zur Erhaltung der Integrität des Sports beizutragen“.

So steht es im Gesetzentwurf, den die Minister Heiko Maas (Justiz/SPD) und Thomas de Maizière (Innen/CDU) der Öffentlichkeit präsentierten und im Frühjahr 2015 ins Kabinett bringen wollen.

Was ändert sich?

Bisher war das Arzneimittelgesetz die Grundlage für eine Strafe. Faktisch kamen die Ermittler an Ärzte und Händler heran, nicht an die Sportler. Dopingsünder wurden für den Wettkampf gesperrt, verloren Medaillen. Ins Gefängnis mussten sie nicht. Künftig schon. Wer dopt, muss mit bis zu drei Jahren Haft rechnen. Denn Leistungssportler schädigen nicht nur sich selbst, sondern auch die Integrität des Sports.

Ab welcher Menge der Doping-Substanz droht eine Strafe?

Eine Bagatellgrenze gibt es nicht. Auch werden alle erfasst, die verbotene Substanzen „herstellen“, „veräußern“ oder „abgeben“, damit auch Ärzte und Händler, oder besser: Dealer. Denn sie werden in die Nähe der Drogenszene gerückt. Im Gesetz heißt es: „Es gibt organisierte Vertriebswege und Händlerstrukturen, die denen im organisierten Rauschgifthandel vergleichbar sind.“ Da ist es nur logisch, dass Doping-Ärzten und Hintermännern härtere Strafen als Athleten drohen - bis zehn Jahre.

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Welche Sportler unterliegen dem neuen Doping-Gesetz?

Rund 7000 Athleten. Sie teilen sich in zwei Gruppen: Die mit „erhebliche Einnahmen“ – Juristen rechnen da zum Beispiel alle Bundesliga-Kicker zu. Zum anderen Athleten, die in einem Testpool der Nationalen Doping Agentur Nada erfasst sind, etwa Leichtathleten und viele Wintersportler. Auch Ausländer werden vom künftigen deutschen Gesetz erfasst.

Wer kontrolliert die Sportler?

Nach wie vor die Sportverbände, die unangemeldet Proben entnehmen. Wenn Verdachtsmomente an Polizei und Staatsanwaltschaft weitergegeben werden, könnten diese dann Durchsuchungen anordnen. Allerdings können die Strafverfolger – zum Beispiel auf anonyme Hinweise hin – auch direkt selbst untersuchen.

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Wie reagieren Experten?

Der Tübinger Medizin-Strafrechtler Dieter Rössner, der das Gesetz seit nunmehr zehn Jahren fordert: „Es ist eine gelungene Steilvorlage für einen sauberen Sport.“ Es schütze „die Grundwerte des Sports: Fairness, Chancengleichheit und die Gesundheit der Sportler“. Bisher sei dies nicht so gewesen, weil im Arzneimittelrecht andere Schutzgüter gelten würden.

Was fehlt im Gesetz?

Rössner nennt zwei Maßnahmen, die jetzt nicht enthalten sind, die aber die Ermittlungen erleichtert hätten: Ein Kronzeugenrecht (das Straferleichterung für jene anbietet, die „auspacken“) und die Möglichkeit für Fahnder, Telekommunikation abzuhören. „Im Sinne der Effektivität bedaure ich das. Als Strafrechtler kann ich aber verstehen, dass der Gesetzgeber bei Delikten dieser Art nicht unbedingt gleich zu den härtesten Überwachungsmaßnahmen greifen will.“

Wie viele Dopingsünder werden in Deutschland heute erwischt?

Die Nationale Doping-Agentur Nada hat 2013 genau 8106 Trainingskontrollen durchgeführt. Sie deckte dabei 79 Verstöße auf. Das ist ein Anteil von 0,65 Prozent. 29 Athleten wurden mit Sanktionen belegt – ein leichter Rückgang gegenüber 2012. Damals gab es bei 8567 Trainingstests insgesamt 97 Verstöße.

Gibt es eine Grauzone?

„Sie ist viel zu wenig erforscht“, sagt der Tübinger Medizin-Jurist Rössner: „Es gibt Medienberichte, wonach die internationale Dopingagentur Wada mutmaßt, dass 30 Prozent der Spitzensportler betroffen sein könnten.“ Der Bericht selbst sei aber bisher unveröffentlicht geblieben, so Rössner. Der Experte: „Auch in Deutschland gehen wir von Anteilen zwischen 10 und 35 Prozent aus.“