Essen. . 46 strafauffällige Libanesen leben in Essen. 17 von ihnen haben Straftaten von solcher Schwere begangen, dass sie umgehend ausgewiesen wurden. Bis zur Abschiebung aber ist es ein weiter Weg - weil der Libanon die Menschen nicht aufnimmt.

Begehen Flüchtlinge oder Asylbewerber in Deutschland eine Straftat, ist der Ruf nach Abschiebung schnell in die Welt geschrien. Die Umsetzung aber, die dauert - in Essen bei einigen Kriminellen nun schon zwei Jahrzehnte.

46 Libanesen mit strafrechtlichem Hintergrund leben zurzeit in der Stadt, 17 von ihnen würde man im Polizeijargon wohl als „dicke Fische“ bezeichnen. Sie haben Straftaten von solcher Schwere begangen, dass sie umgehend ausgewiesen wurden. Schwere Körperverletzung und Raubdiebstähle etwa.

Doch von der Ausweisung auf dem Papier bis zur tatsächlichen Abschiebung ist es ein weiter Weg. Das weiß Ulrich Klingberg, stellvertretender Leiter des Essener Ausländeramts, nur zu gut. Seit 1987 arbeitet er bei der Behörde, erlebte die große Flüchtlingswelle 1988, als viele Libanesen vor dem Bürgerkrieg in Deutschland Zuflucht suchten.

Das Problem: „Nicht alle Flüchtlinge besitzen einen amtlichen, libanesischen Pass. Sie stammen ursprünglich aus dem kurdischen Teil der Türkei oder Palästina und bekamen von den libanesischen Behörden damals nur Ersatzpapiere ausgestellt“, sagt Klingberg.

Palästinenser und staatenlose Kurden von Abkommen ausgeschlossen

Heute weigert sich der Libanon, die Menschen wieder ins Land zu lassen - und verweist auf das Rückübernahmeabkommen von 2004 von dem Palästinenser und staatenlose Kurden ausgeschlossen sind. Für Klingberg und seine Mitarbeiter ist es mittlerweile Berufsalltag, Identitäten zu klären und Nachregistrierungen in den jeweiligen Ländern zu beantragen.

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Essen gehört mit rund 5000 Libanesen neben Berlin und Bremen zu den Hochburgen in Deutschland. Von den in Essen lebenden Libanesen haben 1000 den aufenthaltsrechtlichen Status der Duldung. Bei etwa 80 Prozent sei die Identität geklärt, schätzt Klingberg.

Dabei sind sie aber auf die Unterstützung der Flüchtlinge angewiesen. „Die Kooperationsbereitschaft von Straftätern ist freilich nicht sehr groß“, sagt Klingberg. Einige von ihnen sitzen noch immer im Gefängnis. Andere sind auf Bewährung draußen oder leben auf freiem Fuß. Alle drei bis sechs Monate sind sie verpflichtet, ihren Duldungsstatuts beim Ausländeramt verlängern zu lassen.

„Wir können nur darauf hoffen, dass sie sauber bleiben“

Ansonsten sind dem Ausländeramt die Hände gebunden, es kann nur Handlungsempfehlungen an das Auswärtige Amt aussprechen. „Weigert sich das betroffene Land, den ausgewiesenen Menschen aufzunehmen, bleibt nur noch der diplomatische Weg“, erklärt Birgit Axler von NRW-Innenministerium.

Das Völkervertragsrecht könne nur der Bund regeln. Das Land stehe diesbezüglich in engem Kontakt zu Berlin. Anhand von Einzelfällen würde darüber hinaus auch das Verhalten sogenannter Problemländer überprüft. Bundesweit sind es insgesamt 120 Schwerkriminelle, die abgeschoben werden sollen. Bislang mühte sich das Auswärtige Amt vergeblich.

Klingberg bleibt indes nur, an das Gute im Menschen zu glauben, wenn er die Duldung von Strafauffälligen wieder verlängert. „Wir können nur darauf hoffen, dass sie sauber bleiben. In seltenen Fällen besteht auch die Chance, den Ausweisungsstatus rückgängig zu machen, wenn wir eine positive Integrationsprognose stellen“, sagt Klingberg.