Kassel. Auch mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Grubenunglück von Borken mit 51 Toten beschäftigt der Fall die Justiz. Die Schuldfrage ist immer noch nicht geklärt. Ein aktuelles Gutachten entfacht eine hitzige Diskussion über eine fast 50 Jahre alte Studie.
Im Schadenersatz-Prozess um das Braunkohle- Grubenunglück von Borken mit 51 Toten in den 1980er Jahren haben Anwälte und Gericht am Mittwoch über die Auslegung eines Gutachtens gestritten. Der Hinterbliebenen-Anwalt Sven Schoeller beantragte vor dem Landgericht Kassel, den Gutachter zu hören. In dessen Abhandlung geht es um die Glaubwürdigkeit eines anderen Gutachtens aus den 1960er Jahren, das die bekannte Gefahr einer Kohlenstaubexplosion belegen sollte.
"Das Gutachten bestätigt, dass die Behörden und der damalige Betreiber des Bergwerkes, Preussenelektra, seit 1967 von der Explosionsgefahr des Kohlenstaubes wussten", sagte Schoeller, der eine Bergmannswitwe und weitere Hinterbliebene vertritt.
Behörden hielten Brandbekämpfung für unnötig
Die Richterin führte dagegen an, dass das Gutachten eine "sehr feuchte Braunkohle" bescheinige, die "explosionsungefährlich" sei. Zudem zeige die Abhandlung, dass Bergämter und Behörden weitere Schritte zur Brandbekämpfung für nicht notwendig hielten. "Da kann man von dem Beklagten nicht mehr verlangen."
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Für das aktuelle Gutachten war der Prozess viele Monate unterbrochen worden. Das Dokument sollte eigentlich Klarheit bei der Beantwortung der Schuldfrage schaffen. Eine Entscheidung über den Antrag des Hinterbliebenen-Anwalts Sven Schoeller gab das Gericht am Mittwoch nicht mehr bekannt. Wann damit zu rechnen ist, blieb offen.
Die Katastrophe von Borken am 1. Juni 1988 war das schwerste Grubenunglück im deutschen Braunkohlebergbau. Bei der Kohlenstaubexplosion in der Grube Stolzenbach kamen 51 Bergmänner ums Leben. Sechs Arbeiter wurden 65 Stunden nach der Explosion aus 150 Metern Tiefe aus einer Luftblase wie durch ein Wunder gerettet. (dpa)