Essen. Parkinson hat viele Gesichter, jeder Betroffene spürt die Krankheit anders, sagen Ärzte. 350.000 Deutsche sind von der Erkrankung des Nervensystems betroffen. Auch Prominente wie Ottfried Fischer oder US-Schauspieler Michael J. Fox und Box-Legende Muhammad Ali eint diese Diagnose.

„Ich habe mir vorgenommen, es mental nicht zu akzeptieren“, sagte der Kabarettist und Schauspieler Ottfried Fischer über seine Parkinson-Erkrankung im Interview mit Sandra Maischberger.

Er gehört zu den rund 350.000 Deutschen, die laut der Parkinson Datenbank betroffen sind – sie zählt nach Alzheimer zu den häufigsten neurologischen Krankheiten, die häufig bei Menschen zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr auftritt. Aber auch Jüngere können sie bekommen. Der amerikanische Schauspieler Michael J. Fox ist einer der bekanntesten Patienten, er setzt sich für neue Therapien ein.

Parkinson-Symptome

„Sie hat viele Gesichter, jeder Patient spürt sie anders“, sagt Professor Dirk Woitalla, Chefarzt der Neurologie im St. Josef Krankenhaus der Katholischen Kliniken Ruhrhalbinsel in Essen. Er nennt nicht nur das Zittern (Tremor) durch unwillkürliche Bewegungen als Symptom: Man spüre auch Einschränkungen beim Gehen, Muskeln versteifen sich und die Feinmotorik ist gestört – was bedeutet, dass Patienten nicht mehr so geschickt sind.

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Ein Hemd zuzuknöpfen oder Geld aus dem Portemonnaie zu nehmen wird zur Herausforderung. Auf Dauer wird der Schlaf gestört. Weitere Anzeichen können sein, dass man nicht mehr so gut riecht und häufiger unter Verstopfung leidet. Der englische Chirurg James Parkinson hat die Krankheit, die nach ihm benannt wurde, 1817 zum ersten Mal beschrieben.

Entstehung der Krankheit

„Wissenschaftler wiesen nach, dass die Krankheit im Hirnstamm beginnt, möglicherweise aber ihren Ursprung in den Nervenzellen des Darms hat. Sie ist durch Eiweißablagerungen in den Nervenzellen gekennzeichnet, die sich insbesondere in den Bereichen des Hirns finden, die für die Kontrolle der Bewegungsabläufe zuständig sind. Dadurch wird die Produktion des wichtigen Botenstoffs Dopamin gehemmt“, sagt Dirk Woitalla. Eine Entwicklung, die langsam voranschreitet und unaufhaltsam das gesamte Nervensystem betrifft.

Problem: Vorbeugung

Die Ursache für Parkinson ist bisher nicht genau bekannt, Vererbung wird als ein Grund angenommen. Daher lässt sich ein Ausbruch laut dem Experten Woitalla nach heutigem Wissen nicht verhindern. „Es gibt zwar Studien, die besagen, dass Kaffee trinken und Nikotin hilfreich sein können – doch das Rauchen hat ja andere gesundheitliche Nachteile und ist daher nicht empfehlenswert.“ Allerdings gebe es Behandlungsansätze mit Nikotinpflastern, die derzeit bei Patienten erprobt werden.

Problem: Früherkennung

In einem frühen Stadium lässt sich die Erkrankung schwer erkennen – dafür ist ein intensives Gespräch mit einem Neurologen über die Beschwerden und eine körperliche Untersuchung notwendig. „Neigt man dazu, im Schlaf heftig um sich zu schlagen und zu rufen, kann dies ein Warnzeichen sein“, erklärt Dirk Woitalla. Bildgebende Verfahren wie etwa eine Kernspintomografie werden meist dazu genutzt, andere Krankheiten auszuschließen – die funktionelle Beeinträchtigung des Gehirns durch Parkinson kann dadurch nicht erkannt werden.

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Es gibt allerdings den L-Dopa-Test, bei dem der Patient eine Vorstufe des Botenstoffs Dopamin erhält. Bessern sich dann die Beschwerden wie etwa Probleme beim Gehen, kann dies ein Hinweis auf die Erkrankung sein. „Wenn wir sie früh erkennen, können wir die Beschwerden deutlich lindern, meist dem Patienten sogar das Gefühl der Gesundheit zurückgeben. Dies betrifft auch die Schmerzen in Rücken und Schultern, die bei vielen Patienten ein weiteres Frühsymptom darstellen“, so Professor Woitalla. Heilungsaussichten im eigentlichen Sinne existieren bisher nicht, aber es wird weltweit intensiv geforscht. „Die Therapie beginnt immer zu spät, man sollte sofort damit starten“, sagt Dr. Michael Lorrain, der in seiner Düsseldorfer Nervenarztpraxis seit 25 Jahren schwerpunktmäßig Bewegungsstörungen und viele Parkinsonpatienten behandelt.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Therapien sind individuell ausgerichtet: So geht es bei jungen Patienten darum, die Symptome so in den Griff zu bekommen, dass sie beruflich tätig bleiben können, während bei Älteren auch Begleiterkrankungen in den Blick rücken und die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten beachtet werden müssen. Die Auswahl des passenden Medikaments ist anspruchsvoll, denn laut Chefarzt Dirk Woitalla wird dadurch der Verlauf der Erkrankung festgelegt.

Nach seinen Worten geht es einerseits darum, den Botenstoff Dopamin zu verabreichen, um den Mangel zu beheben – das kann allerdings eine Überbeweglichkeit (Dyskinesie) der Patienten zur Folge haben. Andererseits können sogenannte Dopamin-Antagonisten gegeben werden, welche die Körperzellen, die das Dopamin empfangen, empfindlicher machen. So wird versucht, die verminderte körpereigene Produktion auszugleichen – „was auf lange Sicht weniger Nebenwirkungen verursacht“, so Woitalla.

Alternative Möglichkeiten

Der Düsseldorfer Neurologe Michael Lorrain spricht sich für einen früheren Einsatz der so genannten Tiefen Hirnstimulation (THS) aus. Dabei werden durch eine Operation kleine Elektroden in bestimmte Areale des Gehirns gesetzt. Sie stimulieren oder hemmen je nach Bedarf mithilfe eines Impulsgebers, der an Brust oder an den oberen Bauchbereich platziert wird, die Aktivität der Nervenzellen. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie bei einem Herzschrittmacher und sollte laut Lorrain nicht erst das Mittel der letzten Wahl unter den Therapien sein, um die Lebensqualität der Patienten zu erhalten. Chefarzt Dirk Woitalla sieht es als Möglichkeit für ausgewählte Fälle. Doch zuerst sollten seiner Meinung nach geeignete Medikamente eingesetzt werden.