Köln. . Der deutsch-türkische Comedian tritt an diesem Freitag mit dem neuen RTL-Wochenrückblick „Geht’s noch“ (23 Uhr) in Konkurrenz zur „heute-show“ im ZDF. Wie er sein Publikum packen will, verrät Kaya Yanar im Interview. Seine Kultfiguren Hakan und Ranjid spielen dabei auch eine Rolle.

Er kommt, ganz in Schwarz, mit Rollkoffer um die Ecke. Unser Gespräch soll in einem kargen Besprechungszimmer im Kölner RTL-Zentrum stattfinden. Tatsächlich beginnt es gleich im Türrahmen. Kaya Yanar erweist sich als tiefenentspannter Entertainer, der beim Plaudern über seine Arbeit bereitwillig Persönliches preisgibt. Zum Schluss gönnt er sich Obst. Er sei, sagt er listig, Veganer.

Sie sind bekannt geworden durch Ihre Kunstfiguren Hakan und Ranjid. Die beiden sind ein richtiger Dauerbrenner geworden. Warum?

Kaya Yanar: Ich habe ganz viele Fans, die Anfang 20 sind, und mir bei der Autogrammstunde erzählen, dass sie mit Hakan und Ranjid aufgewachsen sind. Darüber freue ich mich einerseits, aber andererseits fühle ich mich dann auch ein bisschen alt.

„Du kommst hier net rein“

Wie sind die beiden entstanden?

Kaya Yanar: Bevor ich mit „Was guckst Du?“ zu Sat.1 gegangen bin, hatte ich eine kurze Kleinkunstkarriere auf der Bühne. Und damals hatte ich unbewusst schon die Technik angewandt, in verschiedene Rollen zu schlüpfen – beispielsweise in einer Szene, in der ich vor einer Disco abgewiesen werde. Ich habe mich gespielt – und den Türsteher: „Du kommst hier net rein.“ Oder ich hatte eine Nummer, in der es um den Drogenverkauf in Frankfurt am Main geht. Damals, in den 90er-Jahren, war das noch ein Thema; heute hat man aufgeräumt an der Konstablerwache. Dabei entstand dann die Figur eines Inders, der damals allerdings noch nicht Ranjid hieß. Mein Regisseur fand das gut, meinte aber: Der braucht noch einen Namen, und so entstand Ranjid.

Gibt es reale Vorbilder für die Figuren?

Kaya Yanar: Ich hatte schon immer Türken und Inder in meinem Leben, aber eben nicht den Ranjid und auch nicht den Hakan. Ich habe dann die verschiedenen Versatzstücke aus deren Redensarten und Verhaltensweisen zusammengebaut.

„Mein Vater hat mich gebeten, Verwandte zu imitieren“

Hatten Sie früher schon das Talent, Stimmen zu imitieren?

Kaya Yanar: Ja. Das war mir damals allerdings nicht bewusst. Eine meiner frühesten Erinnerung ist, dass mein Vater mich mal gebeten hatte, meine Verwandten zu imitieren. Wir hatten einen Onkel aus der Schweiz zu Besuch, mit seinen drei Kindern, meinen Cousins. Nachdem sie weg waren, ein, zwei Tage später, habe ich meinen Onkel nachgespielt.

Mit Körpersprache...

Kaya Yanar: Das volle Programm. Wie er sich bewegt. Und mit seinem leichten Schweizer Dialekt. Mein Vater hat sich tot gelacht.

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Und in der Schule?

Kaya Yanar: Zusammen mit Kumpels habe ich im Schulbus angefangen, Geräusche zu imitieren.

Wie hört es sich an, wenn einem eine Taube auf den Kopf scheißt?

Bremsen?

Kaya Yanar: Nee, nee. Wir haben uns die Frage gestellt: Wie hört sich das an, wenn einem eine Taube auf den Kopf scheißt?

Das ist die hohe Schule.

Kaya Yanar: Wir waren riesige Fans von Don Martin, der für „Mad“ gezeichnet hat. Wir haben Szenen von ihm nachgespielt. Ich komme darauf, weil Boris Blank von der Schweizer Gruppe Yello bei der Echo-Verleihung erzählt hat, dass er in jungen Jahren Garagen-Geräusche aufgenommen hat, und da fiel mir ein, dass ich früher auch eine Faszination für Geräusche hatte, aber eben nicht technische Geräusche, sondern eher organische wie Fürze, Rülpser oder Ohrfeigen.

„Ich hatte ein Angebot, Pornos zu synchronisieren“ 

Damit sind Sie der perfekte Synchronsprecher.

Kaya Yanar: Das mache ich ja auch! Bevor ich mit 20 mit meiner Karriere anfing, hatte ich ein Angebot, Pornos zu synchronisieren. Aber ich war zu anständig.

Sie sind ein zurückhaltender Typ.

Kaya Yanar: Was Pornos anbetrifft, schon.

Andere hatten da weniger Hemmungen. Mike Bloomfield, beispielsweise, ein Blues-Musiker, hat Soundtracks für Pornos eingespielt.

Kaya Yanar: Dieser typische 70er-Sound (imitiert eine elektrische Gitarre).

„Wenn ich als Kaya singe, habe ich keine Stimme“

Machen Sie auch Musik?

Kaya Yanar: Das ist eine gute Frage. Ich habe darüber nachgedacht, als Klaas bei der Echo-Gala meinte, ich hätte nie gedacht, dass so ein unmusikalischer Mensch wie ich mal einen Echo bekommt. Und ich dachte: Shit, ja. Ich habe die Grundvoraussetzungen für Musik: Ich habe Timing. Komisch ist: Wenn ich als Ranjid oder als Hakan singe, habe ich eine Stimme, wenn ich als Kaya singe, nicht.

„Ranjid has the blues“ - das wäre doch ein toller Titel.

Kaya Yanar: (singt mit Ranjid-Stimme die erste Zeile von „Don’t Worry Be Happy“) Here’s a litte song I wrote...

„Rastaman Vibration“ würde auch sehr gut passen.

Kaya Yanar: (Comedian, Red.) Martin Rütter hat mir gesagt: „Klasse, das Lied musst Du rausbringen.“

„Ich bin der Star bei den Kids“

Da Sie ja Meister des Zungen-Synthesizers sind, können Sie die Instrumentalparts gleich mitsingen.

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Kaya Yanar: Wie die Trompete (trompetet). Damit bin ich der Star bei den Kids. Mein Bruder hat zwei Töchter. Die sind ganz begeistert und klatschen, wenn ich das mache; die können das nämlich nicht. Ich mache das jetzt bei allen Kids; das kommt wahnsinnig gut an. Verrückt, oder? Wo wir doch heute schon mit dem Handy jeden Sound kriegen können.

Müssen Sie jetzt jeden Kindergeburtstag schmeißen?

Kaya Yanar: Nö! Das wäre mir zu viel.

Aber Sie sind der Held der Jugend.

Kaya Yanar: Das ist ein Phänomen. Als ich 15, 20 war, kannte ich natürlich die ganzen Mike Krügers dieser Welt und war der Ansicht, jetzt muss mal was Frisches her. Das ist 20 Jahre her, und ich kann mir vorstellen, dass es jetzt junge Comedians gibt, die sagen: Jetzt muss mal was Neues, Frisches her. Und trotzdem komme ich noch bei den Kids an.

„Die Figuren sollen kein Selbstzweck sein“

Waren Kinder immer auch Zielgruppe?

Kaya Yanar: Na ja, beim ersten Programm nicht. Das war noch etwas versaut. Aber bei „Was guckst Du?“ haben wir von vorn herein ein Drei-Generationen-Programm gemacht. Und das mache ich auch heute noch, Comedy, die nicht eine Gruppe ausschließt.

Tauchen Hakan und Ranjid auch im Wochenrückblick auf?

Kaya Yanar: Sie tauchen am Rand auf. Beim WDR gab es mal die Show „Tiere suchen ein Zuhause“, und so etwas Ähnliches macht Ranjid auch. Der taucht immer Tieren auf, mal mit einem Kamel, mal mit einem Meerschweinchen, mal mit einem Dackel. Ich habe aber noch kein Format für Hakan und Ranjid im Wochenrückblick. Die Figuren sollen kein Selbstzweck sein.

Aber Nachrichten sind den beiden ja nicht fremd.

Kaya Yanar: Zumindest Hakan nicht. Der hatte ja bei „Was guckst Du?“ den „Tag-Guck“; das war der Kracher. Und hat Hakan Kommentare zum Wochengeschehen abgegeben. Vielleicht sollte Ranjid jetzt die Nachrichten verlesen; das gäbe der Geschichte einen neuen Drall. Daran basteln wir noch: Sie sollen vorkommen, aber sie brauchen eine Aufgabe.

Eine Kolumne wie „Ranjid twittert“. Apropos, kommen die sozialen Netzwerke in der Show vor?

Kaya Yanar: Sie sind wichtig geworden. Aber das ist eine riskante Nummer. Die Netzwerke muss man ganz dezidiert einbauen.

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„Heute zeige ich Euch mal das Leben ohne Internet“

Fernsehaufnahmen im Internet-Look.

Kaya Yanar: Genau das haben wir gemacht. Es gibt Tutorial-Videos, und genau da haben wir angesetzt. Wir haben eine neue Figur geschaffen: Tutu Tutorial. Und der macht Videos von sich selbst. Etwa: (mit Knödelstimme) „Heute zeige ich Euch mal das Leben ohne Internet.“

Das klingt wie Kermit, der Frosch.

Kaya Yanar: Ja, das ist daran angelehnt.

Ist Tutu grün?

Kaya Yanar: Nee, tätowiert, im Emo-Look.

Wie ging das mit den Tätowierungen?

Kaya Yanar: Dafür gibt es eine Art Überzug, den man sich über den Arm ziehen kann. Wie ein Strumpf, ganz dünn, ganz eng. Der Aufhänger war, dass Erdogan in der Türkei im Internet alles verbieten will. Tutu zeigt dann, wie ein Anstupser ohne Internet funktioniert: Er klingelt an fremden Tür, stupst die Leute an und sagt: „Ey, willst Du nicht mein Freund werden?“ Oder Tutu fragt: „Kann ich mal was an Deine Wall posten?“ Und dann sprayt er was an die Hauswand.

Geistern noch mehr neue Kunstfiguren im Wochenrückblick herum?

Kaya Yanar: Wir haben einen russischen Nachrichtensprecher, aufgrund der aktuellen Ereignisse. Er versucht Putin überall zu verkaufen, beispielsweise bei der Oscar-Gala sieht es so aus, als habe Putin die ganzen Oscars gewonnen. Und deshalb haben wir auf alle Oscar-Preisträger Putins Kopf drauf geknallt, animiert natürlich.

Wie halten Sie sich selbst auf dem Laufenden?

Kaya Yanar: Ich bin News-Junkie. Ich bin ganz verrückt danach. Das kommt noch aus der „Was guckst Du?“-Zeit. Wenn ich Nachrichten sehe, kommen mir ganz viele Ideen, was ich daraus machen kann.

Was Oliver Welke fehlt

Ihre Show steht in Konkurrenz zur „heute-show“.

Kaya Yanar: Ach, wirklich?

Na, das scheint kein ernstes Problem zu sein. Dann ist das Thema durch.

Kaya Yanar: Nee, nee, da haben wir schon drüber nachgedacht. Erst mal haben wir bei RTL über die Sendeplätze nachgedacht. Der Samstagabend ist für die Shows reserviert...

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...da würde ein halbpolitisches Format nicht passen.

Kaya Yanar: Da möchte man im Show-Segment bleiben. Deshalb gab es nur den Freitag, der die Woche abschließt. Natürlich haben wir gesehen, dass am Freitag auch die „heute-show“ läuft. Olli Welke macht das wirklich gut. Aber: Wir haben festgestellt, dass er bei der Politik bleibt. Boulevard fehlt, Sport fehlt.

Ihr Wochenrückblick ist gegliedert wie eine Tageszeitung.

Kaya Yanar: Wir decken alle Bereiche ab, mit Themen, die nur Kaya so machen kann, und natürlich die Kunstfiguren.

„Ich habe keine Moderationskarten“

Wie viel Spontaneität und Improvisation sind möglich?

Kaya Yanar: Wir haben schon bei „Was guckst Du?“ immer wieder Pausen eingelegt, Zigaretten geraucht, probiert, improvisiert, bis alles passte. Es gibt nun mal diese kreative Energie vor Ort. Das ist etwas anderes als das, was eine Woche vorher im Büro aufgeschrieben wurde. Das ist Fakt. Das gibt einen gewissen Stiefel, den muss man durch die Sendung prügeln, klar.

Ein Konzept muss erkennbar bleiben.

Kaya Yanar: Aber die Highlights sind improvisiert. Es wird in der Sendung Spiele mit dem Publikum geben, bei denen ich frei sein darf. Ich habe keine Moderationskarten, ich darf improvisieren, und auf diese Momente freue ich mich.