Köln. . Mit Harald Schmidts letzter Show endet ein Stück TV-Geschichte, denn mit seinem Abgang ist auch das Kapitel Late-Night-Show in Deutschland Geschichte. Am Ende war die Quote so schlecht, dass sie nicht mehr messbar war.

Mit Tränen ist nicht zu rechnen. Jedenfalls nicht beim Gastgeber. Der heißt Harald Schmidt und neigt für gewöhnlich nicht zu Sentimentalitäten. Selbst dann nicht, wenn er Abschied nimmt von seiner Late-Night-Show. Er kennt das ja schon, er hat das ja bereits mehrfach gemacht, bis er bei Sky untergeschlüpft ist. Doch selbst dort haben sie ihm nun gekündigt. So schlecht war die Quote im Bezahlfernsehen, dass sie am Ende nicht mehr messbar war. Aber Schmidt weiß selbst am besten: Eigentlich ist es nicht verwunderlich, dass nun Schluss ist. Verwunderlich ist, dass er fast 20 Jahre bleiben durfte.

Denn wirklich gute Freunde waren sie nur selten, Schmidt und die Quote seiner Late-Night-Show. „Man hat nach einer Woche gesagt: Schmeißt den Scheiß vom Sender, das wird nie was“, erinnert er sich an die Anfangstage im Dezember 1995.

Er hat trotzdem weiter gemacht. Hat „Ja! zu deutschem Wasser“ gesagt, über die „dicken Kinder von Landau“ gelästert und „den Tau von den Wiesen gelesen“. Hat unbeirrt weiter Polen-, Ossi- und Flüchtlingswitze gerissen, lieber auf einen guten Freund verzichtet, als auf einen Gag. Ohne Schmidt hätten deutsche TV-Zuschauer weder die homosexuellen Fingerfiguren Bimmel und Bommel kennengelernt noch den „scharfen Sven“ oder Wang und Li und ihre „Weisheiten des Konfuzius“.

Moderation auf dem Laufband

„Ich bewundere Schmidt, weil er gnadenlos nur noch das macht, worauf er Böcke hat, teilweise total am Zuschauer vorbei“, hat Kollege Jürgen von der Lippe bereits 1996 gesagt. Mit Playmobil-Figuren erzählt Schmidt Episoden der Weltgeschichte oder Literatur-Klassiker nach, moderiert mal eine Sendung auf dem Laufband oder auf französisch. Samantha Fox hat er an den Busen gefasst und Verona Feldbusch leckt er durch das Gesicht.

Harald Schmidt bei Sat.1

Late-Night-Talker Harald Schmidt verlässt die ARD und geht zurück zum Privatsender Sat.1. Der 53-Jährige wird mit der
Late-Night-Talker Harald Schmidt verlässt die ARD und geht zurück zum Privatsender Sat.1. Der 53-Jährige wird mit der "Harald Schmidt Show" ab September 2011 zweimal wöchentlich auf Sendung gehen. © ddp
Schmidt moderierte die Show bereits zwischen 1995 und 2003 für Sat.1. Nach einer einjährigen Schaffenspause war er im Dezember 2004 im Ersten auf den Bildschirm zurückgekehrt.
Schmidt moderierte die Show bereits zwischen 1995 und 2003 für Sat.1. Nach einer einjährigen Schaffenspause war er im Dezember 2004 im Ersten auf den Bildschirm zurückgekehrt. © ddp
Das Konzept soll der klassischen
Das Konzept soll der klassischen "Harald-Schmidt-Show" mit takesaktuellem Stand-up, Studioaktionen, Gästen und Live-Band entsprechen. Die Sendung wird um 23.15 Uhr ausgestrahlt. © ddp
Seinen Durchbruch hatte Schmidt mit der Sendung
Seinen Durchbruch hatte Schmidt mit der Sendung "Schmidteinander", die er gemeinsam mit Kollege Herbert Feuerstein moderierte. © WR
Schmidt spielte bereits in mehreren Produktionen mit. Für das ZDF trat er in einer Gastrolle in der Krimiserie
Schmidt spielte bereits in mehreren Produktionen mit. Für das ZDF trat er in einer Gastrolle in der Krimiserie "Soko Stuttgart" auf. In der Episode "Als geheilt entlassen" spielt er den Leiter einer psychiatrischen Klinik. © ddp
Als Moderator versuchte sich Schmidt mit der Show
Als Moderator versuchte sich Schmidt mit der Show "Psst", die 2007 an den Start ging. Sein Rateteam bestand aus: Frank Plasberg, Christine Westermann, Jenny Elvers-Elbertzhagen und Herbert Feuerstein. © ARD/Klaus Görgen. © ARD/Klaus Görgen wdr
1993 sah das Ganze noch so aus: Mit Ingolf Lück, Elke Heidenreich, Showmaster Harald Schmidt, Mariele Millowitsch und Herbert Feuerstein. © WDR
1993 sah das Ganze noch so aus: Mit Ingolf Lück, Elke Heidenreich, Showmaster Harald Schmidt, Mariele Millowitsch und Herbert Feuerstein. © WDR © WDR
Auch als Musiker hatte er große Auftritte. So wie hier mit Dirigent Kurt Masur 2007 im Gewandhaus zu Leipzig. Zum 80. Geburtstag von Kurt Masur veranstaltete das Gewandhaus eine Gala.
Auch als Musiker hatte er große Auftritte. So wie hier mit Dirigent Kurt Masur 2007 im Gewandhaus zu Leipzig. Zum 80. Geburtstag von Kurt Masur veranstaltete das Gewandhaus eine Gala. © ddp
Seine große Leidenschaft ist die Theaterschauspielerei. Als Geist von Hamlets Vater spielte er im Staatstheater Stuttgart in
Seine große Leidenschaft ist die Theaterschauspielerei. Als Geist von Hamlets Vater spielte er im Staatstheater Stuttgart in "Der Prinz von Dänemark". © ddp
Im Oktober 2008 feierte das Stück Premiere.
Im Oktober 2008 feierte das Stück Premiere. © ddp
1/10

In den besten Zeiten ist seine Show wie ein gut gefülltes Überraschungs-Ei. Mit einem lässigen Gastgeber, meist bissig, gerne beleidigend – ohne Rücksicht auf Verluste, auch in den eigenen Reihen. Der Mann aus Nürtingen kennt keine Tabus, nimmt nichts ernst, am wenigsten sich selbst. Und er kann bis heute selbst mittelmäßige Gags, die andere für ihn geschrieben haben, in humoristische Highlights verwandeln. So gelingen ihm an manchen Abenden Shows, die bis heute zu den Sternstunden der deutschen TV-Unterhaltung gehören.

Es dauerte nicht lange, bis Kritiker und eingefleischte Fans – personell oft identisch – drei mal die Woche an den Lippen des Gastgebers kleben, während das breite Publikum schnell umschaltet, sobald „Dirty Harry“ auf dem Bildschirm erscheint – wenn es um 23.15 Uhr nicht ohnehin schon längst schläft. Zu unverschämt ist er vielen Zuschauern und viel zu überheblich. Lediglich in den Jahren, in denen er sich seinen Redaktionsleiter Manuel Andrack als Stichwortgeber auf der Bühne an seine Seite setzt, stimmen die Quoten. Der stets distanzierte Zyniker und der Mann aus dem Volk, der Bier testet und gern wandern geht, das passt.

Oper mit Harald Schmidt

Der Comedian, Showmaster und Entertainer Harald Schmidt gibt am Freitag, 17. Februar 2012 im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum ein Interview während der Proben für das 6. Symphoniekonzert von  Wolfgang Amadeus Mozart, ãLe Nozze di FigaroÒ, aufgeführt von den Bochumer Symphonikern.  Figaros Hochzeit, wird szenisch eingerichtet von Harald Schmidt und Steven Sloane. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
Der Comedian, Showmaster und Entertainer Harald Schmidt gibt am Freitag, 17. Februar 2012 im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum ein Interview während der Proben für das 6. Symphoniekonzert von Wolfgang Amadeus Mozart, ãLe Nozze di FigaroÒ, aufgeführt von den Bochumer Symphonikern. Figaros Hochzeit, wird szenisch eingerichtet von Harald Schmidt und Steven Sloane. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool © Ingo Otto / WAZ FotoPool
Der Comedian, Showmaster und Entertainer Harald Schmidt gibt am Freitag, 17. Februar 2012 im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum ein Interview während der Proben für das 6. Symphoniekonzert von  Wolfgang Amadeus Mozart, ãLe Nozze di FigaroÒ, aufgeführt von den Bochumer Symphonikern.  Figaros Hochzeit, wird szenisch eingerichtet von Harald Schmidt und Steven Sloane. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
Der Comedian, Showmaster und Entertainer Harald Schmidt gibt am Freitag, 17. Februar 2012 im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum ein Interview während der Proben für das 6. Symphoniekonzert von Wolfgang Amadeus Mozart, ãLe Nozze di FigaroÒ, aufgeführt von den Bochumer Symphonikern. Figaros Hochzeit, wird szenisch eingerichtet von Harald Schmidt und Steven Sloane. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool © Ingo Otto / WAZ FotoPool
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Der Comedian, Showmaster und Entertainer Harald Schmidt (r) gibt am Freitag, 17. Februar 2012 im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum ein Interview während der Proben für das 6. Symphoniekonzert von  Wolfgang Amadeus Mozart, ãLe Nozze di FigaroÒ, aufgeführt von den Bochumer Symphonikern.  Figaros Hochzeit, wird szenisch eingerichtet von Harald Schmidt und Steven Sloane. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
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Der Comedian, Showmaster und Entertainer Harald Schmidt (l)  gibt am Freitag, 17. Februar 2012 im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum ein Interview während der Proben für das 6. Symphoniekonzert von  Wolfgang Amadeus Mozart, ãLe Nozze di FigaroÒ, aufgeführt von den Bochumer Symphonikern.  Figaros Hochzeit, wird szenisch eingerichtet von Harald Schmidt und Steven Sloane. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
Der Comedian, Showmaster und Entertainer Harald Schmidt (l) gibt am Freitag, 17. Februar 2012 im Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum ein Interview während der Proben für das 6. Symphoniekonzert von Wolfgang Amadeus Mozart, ãLe Nozze di FigaroÒ, aufgeführt von den Bochumer Symphonikern. Figaros Hochzeit, wird szenisch eingerichtet von Harald Schmidt und Steven Sloane. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool © Ingo Otto / WAZ FotoPool
1/15

Die Sender wechseln, die Sendung bleibt vom Konzept bis zur Kulisse stets die gleiche. Nur Schmidt wirkt mit der Zeit an manchen Abenden etwas lustlos. Im Studio, hat er das mal entschuldigt, müsse er eben „nehmen, was da ist. Das ist oft sehr dünne“. Und ärgerlich. Dass er kaum geschaut wird, weiß Schmidt. Anders als früher wird nun aber nicht einmal mehr geredet über ihn.

Finanziell längst ausgesorgt

Finanziell muss sich der 56-Jährige nicht sorgen. Schon vor zehn Jahren hat er angeblich rund 50.000 Euro pro Show bekommen. Er werde, hat Schmidt dann auch recht entspannt angekündigt, sein Studio in Köln-Mülheim nicht verkaufen, sondern als Bühne für Stand-Up-Comedy nutzen. „Ich habe mein eigenes Theater, in dem ich nach Lust und Laune die Scheinwerfer anmache.“

Harald Schmidts beste Sprüche

1/0

Bleibt die Nachfolger-Frage. Bevor er darauf antwortet, schaut Schmidt gerne nach oben, unten, rechts und links. „Ich sehe keinen“, sagt er dann und zuckt die Schultern. So arrogant es klingt, so richtig ist das auch. Mit Schmidts Abgang endet auch das Kapitel Late-Night-Show in Deutschland. Einige werden sie vermissen, die meisten werden es wahrscheinlich gar nicht merken. Schade.