Mexiko-Stadt. Der am Wochenende verhaftete Boss des mexikanischen Sinaloa-Kartells, Joaquín “El Chapo“ Guzmán, hat eine einstweilige Verfügung gegen eine mögliche Auslieferung an die USA beantragt. Damit möchte der Drogenboss der US-Justiz entgehen, die den 56-Jährigen wohl selbst vor Gericht stellen möchten.

Der mexikanische Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán widersetzt sich nach seiner spektakulären Festnahme einer möglichen Auslieferung in die USA mit juristischen Mitteln. Seine Anwälte beantragten am Montag eine einstweilige Verfügung gegen solch eine Überstellung, die mexikanischen Regierungsangaben zufolge nicht ausgeschlossen wäre. Dem 56-jährigen Boss des berüchtigten Sinaloa-Kartells dürfte aber auch in seiner Heimat ein Gerichtsverfahren bevorstehen.

Ob ein Prozess zustande kommt, soll am Dienstag entschieden werden. Wahrscheinlich muss sich Guzmán wegen Drogenschmuggels, illegaler Finanzgeschäfte, organisierten Verbrechens und wegen des Besitzes von Militärwaffen verantworten, nicht aber wegen Mordes, wie vorab aus dem mexikanischen Justizministerium verlautete.

Außerdem müsse der Drogenboss noch zwölf Restjahre seiner 20-jährigen Gefängnisstrafe verbüßen, der er sich 2001 durch Flucht entzogen habe.

Experte vermutet Verzögerungstaktik

Die US-Justiz erwägt einen Auslieferungsantrag, da Guzmán auch in den Vereinigten Staaten diverse Drogendelikte zur Last gelegt werden. Über seinen Gegenantrag auf einstweilige Verfügung muss nun ein Richter entscheiden. Mexikos Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong sagte dem Sender Radio Formula, er erwarte einen Auslieferungsantrag aus den USA, über den dann das Sicherheitskabinett zu entscheiden habe.

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Nach Ansicht des Sicherheitsexperten Raúl Benitez Manaut von der Nationalen Autonomen Universität Mexikos dürfte Guzmán die einstweilige Verfügung angestrengt haben, "um in Mexiko zu bleiben und den Fall hinauszuzögern". Rechtsexperten zufolge könnte eine Auslieferung schon vor, aber auch erst nach einer Verurteilung in Mexiko vollzogen werden. Möglich sei auch, Guzmán erst nach dem Verbüßen seiner restlichen Haftstrafe zu überstellen.

Drogenkrieg fordert 80.000 Menschenleben in acht Jahren

Nach 13 Jahren auf der Flucht hatten mexikanische Marinesoldaten den Sinaloa-Chef am Samstag in der Stadt Mazatlán im Nordwesten des Landes festgenommen. An der Festnahme in einer Touristenanlage des Badeorts waren auch US-Fahnder beteiligt. Laut Osorio Chong waren bei dem Einsatz die Ehefrau des Gangsters und ihre gemeinsamen Zwillingstöchter zugegen. Diese hätten aber "absolut gar nichts mit den kriminellen Taten zu tun gehabt" und seien deshalb wieder freigelassen worden.

Das Sinaloa-Kartell kontrolliert weite Teile des Drogengeschäfts in Mexiko. Mit konkurrierenden Banden liefert es sich einen blutigen Krieg um die Kontrolle des Rauschgifthandels in die USA. Dabei wurden seit Ende 2006 nach jüngsten Angaben mehr als 80.000 Menschen getötet. Für den mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto ist die Festnahme des Drogenbarons ein großer Triumph. (afp)