Sehr früh schon sollte es losgehen von Düsseldorf nach Antalya am Mittelmeer. Der Start des Flugzeuges von German Sky Airlines war für sechs Uhr morgens geplant. Um vier Uhr bereits kam Silvia Dahl aus Oberhausen mit Mann und Tochter am Flughafen an. Man war gespannt und freute sich auf eine Woche Türkei-Urlaub. Angesichts dieser Aussicht nahm die Familie die kurze Nacht gerne in Kauf.
Doch aus dem Abflug Anfang Oktober wurde zunächst nichts. Stundenlang saß man im Sicherheitsbereich herum und machte sich Sorgen über den Grund der Verspätung. Vielleicht ist das Flugzeug kaputt? Von der Airline bekam die Familie keine Auskunft. Gegen 13 Uhr startete die Maschine endlich – nach Angaben Dahls mit einer Verspätung von sieben Stunden. Glücklicherweise verliefen Flug, Urlaub und Rückreise zur Zufriedenheit.
Die Verspätung zu Beginn war trotzdem ärgerlich. Weil solche Fälle in Zeiten zunehmenden Flugreiseverkehrs häufig vorkommen, hat die Europäische Union bereits vor zehn Jahren eine Regelung erlassen, die Passagieren finanzielle Entschädigungen zuspricht. In der EG-Verordnung 261/2004 heißt es, dass Fluggäste bei Verspätungen von mehr als drei Stunden auf Flügen zwischen 1500 und 3500 Kilometern einen Ausgleichsanspruch von 400 Euro pro Person haben.
Kein schlechtes Geschäft: Familie Dahl müsste etwa zwei Drittel der gesamten Flugkosten zurückerhalten. Für andere Verspätungen und Distanzen gelten verschiedene Summen, die die EG-Verordnung detailliert festgelegt hat. Der Europäische Gerichtshof hat diese Regeln in mehreren Urteilen bestätigt.
Verspätung exakte bestätigen lassen
Um solche Ansprüche später auch durchsetzen zu können, muss man einen Tipp beherzigen. Diesen gibt Rechtsanwältin Anna Broscienski von der Kanzlei Dr. Keller in Mülheim, die Familie Dahl mittlerweile vertritt: Passagiere, deren Flug verspätet ist, sollten sich dies von ihrer Fluggesellschaft am Airport exakt bescheinigen lassen.
Trotz dieser klaren Rechtslage versuchen manche Fluggesellschaften, die Beschwerden von Passagieren auf die lange Bank zu schieben. Das musste auch Silvia Dahl erfahren. Den Eingang ihres ersten Schreibens beantwortete German Sky zwar schnell, aber dann passierte monatelang nichts. Die Fluggesellschaft reagierte weder auf Briefe, noch war sie zu sinnvollen Telefonauskünften in der Lage.
Wichtig: Eine Frist setzen
Richtigerweise setzte Dahl der Fluggesellschaft daraufhin eine angemessene Frist von mehreren Wochen zur Begleichung des Ausgleichsanspruchs. Außerdem schaltete sie ihre Rechtsschutzversicherung ein, diese im Januar wiederum eine professionelle Moderatorin. Aber auch deren mehrmalige Versuche einer Kontaktaufnahme mit der Airline blieben erfolglos.
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Schließlich übernahm Rechtsanwältin Broscienski den Fall. Ihre Recherchen ergaben, dass die German Sky Airlines GmbH im März 2013 in Liquidation gegangen war – womit das Rätsel der Nichterreichbarkeit gelöst war. Aber Dahl hatte das ihr zustehende Geld immer noch nicht bekommen.
Angebot der Airline: Die Dahlssollen 600 Euro bekommen
Hier nun bewirkte die Anfrage dieser Zeitung einen gewissen Fortschritt. Über eine Kommunikationsagentur, die die Pressearbeit macht, bot die Fluggesellschaft einen Vergleich an. Familie Dahl soll insgesamt 600 Euro erhalten. Den in der EG-Verordnung vorgesehenen Ausgleichsanspruch von 1200 Euro erkennt das Unternehmen, das seinen Flugbetrieb inzwischen eingestellt hat, nicht an. Dabei beruft man sich auf Urteile mehrerer deutscher Gerichte.
Silvia Dahl und ihre Anwältin haben nun zwei Möglichkeiten: Entweder sie akzeptieren das Vergleichsangebot, oder sie halten die eingereichte Klage aufrecht – mit dem Ziel, den vollen Ausgleichsanspruch durchzusetzen.