Essen. . Die grantige Kommissarin Bella Block mischt sich am Samstagabend im ZDF wieder ins Alltagsgeschäft der Polizei ein. Es geht um einen entführten Säugling und die Frage, ob die Mutter ihr Baby getötet hat. Die meisten glauben das. Doch die ZDF-Kommissarin zweifelt. Wie immer.

Angeklagt ist die „Rabenmutter der Nation“, „Jana, die Schreckliche“ – und für den Boulevard ist der Fall längst vor dem Urteil entschieden. „Stehen Frauen vor Gericht, die ihr Kind getötet haben sollen, dann hat das oft etwas von Hexenjagd“, schnaubt Bella Block. Und sie ist bekanntlich rothaarig! Grund genug für die grantige Ex-Kommissarin, sich erneut einzumischen in Dinge, aus denen sich herauszuhalten man sie doch explizit gebeten hatte. Nicht, weil sie der Angeklagten helfen will. Sondern, weil sie die Wahrheit herausfinden muss. Am Ende der Folge „Angeklagt“ (Samstag, 20.15 Uhr, ZDF) ist sie gefunden. Aber Bella kann sich nicht darüber freuen.

1993 stand Hannelore Hoger zum ersten Mal als Kommissarin Block vor der Kamera. Heute ist sie 71, aber – zumindest in ihrer Rolle – noch immer genauso schwierig, stur und streitbar wie einst. Zum Glück. Solche wie sie sieht man zu selten im deutschen Fernsehen.

Auffallend anders auch der neue, ihr 34. Fall. Bei dem gibt es kein Gut, kein Böse. Schwarz-Weiß ist nur die durchgestylte Wohnung der Modezarin Jana Larson. Die unterkühlte Karrierefrau soll ihre kleine Tochter, ein Schreikind, mit einer Beruhigungsmittel-Überdosis getötet und in einer Fabrikhalle verscharrt haben. Das Baby sei entführt worden, erklärt die Mutter zunächst. Vor Gericht schweigt sie.

Duelle nur durch Blicke

Diese Frau – hervorragend gespielt von Karoline Eichhorn – ist nicht sympathisch. Sie betrügt ihren Mann; sie schickt ihrer sterbenden Mutter Bonbons, anstatt sie zu besuchen; sie gibt ihrem Baby Tabletten, um es ruhig zu stellen; sie lässt es allein, als es fiebert; sie tut nichts, um sich zu verteidigen. Sie weiß: Man wird ihr nichts beweisen können. Bella Block schreckt das natürlich nicht. „Engel sind auch nur Geflügel“, sagt sie und rollt den Fall neu auf. Und so beeindrucken vor allem die Duelle, die sich diese beiden starken Frauen liefern. Ohne Waffen. Ohne Worte. Alles, was Bella und Jana einander zu sagen haben, sagen ihre Augen. Kammerspiel als großes Kino.

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Was beim Zuschauen nicht minder Spaß macht, ist die liebevolle Besetzung der Nebenrollen. Rüdiger Vogler ist als Richter genauso perfekt gewählt wie Fritz Karl als ausgebuffter Ehemann oder Clara Brauer als Lilly, die hippie-flippige Freundin des pubertierenden Sohns der Angeklagten.

Humor trotz Tragik

Tim Bergmann als Larsons Verteidiger schließlich ringt einem trotz aller Tragik des Falls immer wieder ein Lächeln ab. Bella schenkt er einen Kaktus („Den kriegen nicht einmal Sie kaputt“), für seine Sekretärin kocht er Kaffee („Scheiß’ Genderdebatte“) und in seinem Büro steht ein Webstuhl („Einmal Waldorfschüler, immer Waldorfschüler“).

Fazit nach 90 Minuten und einer dann doch nicht ganz überraschenden Auflösung: Nicht der beste Bella Block aller Zeiten. Aber einer, der mit seinen leisen Grautönen fesselt. Nur die Musik zum Film: Über die sollte man wirklich mal reden . . .