Osnabrück. Eine Lehrerin, die einen Kollegen mit erfundenen Vergewaltigungsvorwürfen unschuldig ins Gefängnis gebracht hat, muss 80.000 Euro Schmerzensgeld an dessen Tochter zahlen. Das entschied am Freitag das Landgericht Osnabrück. In einem Strafprozess war die 49-Jährige wegen ihrer Falschaussagen vor Kurzem bereits zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Einer der größten Justizirrtümer der deutschen Rechtsgeschichte hat nun auch ein zivilrechtliches Nachspiel: Weil sie mit erfundenen Vergewaltigungsvorwürfen ihren hessischen Kollegen Horst Arnold unschuldig ins Gefängnis gebracht hat, muss eine Lehrerin 80.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Das Landgericht Osnabrück entsprach am Freitag einem Antrag der Tochter des im vergangenen Jahr gestorbenen Horst Arnold. Weder die heute 49 Jahre alte Beklagte noch ihr Anwalt erschienen vor der Zivilkammer des Landgerichts. Daraufhin erließ der Richter ein Versäumnisurteil (AZ.: 12 O 2885/12).

Lehrer saß fünf Jahre lang unschuldig in Haft

Gegen die Entscheidung kann die Verurteilte Einspruch einlegen, erläuterte Gerichtssprecher Holger Janssen. Das Schmerzensgeld ist aber bereits vorläufig vollstreckbar. Das heißt, die Tochter könnte jetzt schon mittels eines Gerichtsvollziehers das Geld einfordern.

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Arnold saß fünf Jahre lang in Haft. Das Landgericht Kassel stellte 2011 in einem Wiederaufnahmeverfahren seine Unschuld fest. Aufgrund der Falschaussage hatte das Landgericht Darmstadt die Lehrerin wegen Freiheitsberaubung vor einem Monat zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig - die inzwischen in der Nähe von Osnabrück wohnende Verurteilte hat Revision eingelegt.

Lehrerin bestritt Vorwürfe bis zuletzt

Seine Mandantin wolle das Schmerzensgeld für das Leid, das ihr Vater wegen der unschuldig in Haft verbrachten Jahre ertragen musste, sagte Anwalt Hartmut Lierow. "Da er gestorben ist, ist das ins Erbe gefallen", erläuterte er. Die Zivilklage habe er bereits vor Beginn des Strafprozesses gegen die Lehrerin eingereicht. "Da wusste ich noch gar nicht, wie das ausgeht." Bis zum Schluss beharrte die Lehrerin auf den Vergewaltigungs-Vorwurf. Auch in dem Zivilverfahren habe sie bestritten, die Vergewaltigung erfunden zu haben, sagte Gerichtssprecher Janssen.

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Der Fall um den unschuldig verurteilten Horst Arnold gilt als einer der größten Justizirrtümer der deutschen Rechtsgeschichte. Aufgrund des Vorwurfs, er habe seine Kollegin im August 2001 im Biologieraum einer Gesamtschule in Reichelsheim im Odenwald vergewaltigt, verurteilte ihn das Landgericht Darmstadt zu der Haftstrafe.

Land Hessen zahlte bereits 45.000 Euro Haftentschädigung

Arnold beteuerte all die Jahre seine Unschuld. Aber genau wegen dieser Beharrlichkeit galt er der Justiz als uneinsichtig und kam daher nicht in den Genuss von Vollzugslockerungen. Auch nach seiner Haftentlassung stand er noch unter einer dreijährigen Führungsaufsicht.

Erst, als einer Frauenbeauftragten des zuständigen Schulamtes auffiel, dass das vermeintliche Opfer in anderen Fällen reihenweise Lügen auftischte, wurde der Fall wieder aufgerollt. Das Landgericht Kassel stellte die Unschuld Arnolds fest, das Land Hessen zahlte 45.000 Euro Haftentschädigung. Ein Jahr nach seiner Rehabilitation starb Arnold im saarländischen Völklingen an Herzversagen. (dpa)