Darmstadt. Lehrerin Heidi K. hatte behauptet, ein Kollege habe sie vergewaltigt. Der Mann kam ins Gefängnis. Später entpuppte sich die Aussage der Frau als dreiste Lüge. Der Mann kam frei, fand aber nie in sein altes Leben zurück. Jetzt muss die “höchstkompetente Lügnerin“ selbst für lange Zeit hinter Gitter.

Wegen einer erfundenen Vergewaltigung muss die 48 Jahre alte Heidi K. für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Darmstadt verurteilte sie am Freitag wegen schwerer Freiheitsberaubung.

Die Lehrerin, die damals in Bielefeld unterrichtete, hatte im Jahr 2002 einen Lehrerkollegen vor Gericht beschuldigt, sie an einer Schule in Reichelsheim im Odenwald vergewaltigt zu haben. Der Mann wurde deshalb zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Der Mann wurde 2011 von den Vorwürfen freigesprochen

In einem Wiederaufnahmeverfahren war der Mann dann im Jahr 2011 von dem Vorwurf freigesprochen worden. Er starb ein Jahr später an Herzversagen in Völklingen im Saarland. Der Mann hatte nicht mehr in sein altes Leben zurückgefunden, am Ende lebte er von Hartz IV.

Die Staatsanwaltschaft hatte jetzt im Verfahren gegen Heidi K. eine Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren gefordert, weil die Angeklagte eine "höchstkompetente Lügnerin" sei. Hintergrund für ihr Vorgehen soll gewesen sein, den Mann an der Schule als Rivalen um eine bessere Stelle auszuschalten. Die Verteidigung hingegen forderte einen Freispruch. Sie prüft nun nach eigenen Angaben, ob sie in Revision gehen wird.

Die Vorsitzende Richterin Barbara Bunk sagte in der Urteilsbegründung, es sei ein schwieriges Urteil gewesen, weil sich zwei - auf den ersten Blick - plausible Versionen der Geschehnisse gegenübergestanden hätten. Da der Kollege mittlerweile verstorben sei, habe sich das Gericht auf Indizien und Zeugenaussagen stützen müssen.

Heidi K. litt offenbar an einer Persönlichkeitsstörung

Die Angeklagte habe damals die Unterlagen des ehemaligen Kollegen durchstöbert, sagte die Richterin. Als dieser sie dabei ertappte, habe er die Kollegin "angeherrscht". In den Tagen und Wochen nach dieser Begebenheit habe Heidi K. aufgrund einer Persönlichkeitsstörung und aus Furcht vor Konsequenzen für sie an der neuen Schule einen immer größeren Vorwurf aufgebaut, sagte die Richterin.

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Mit Horst A., der damals Alkoholprobleme hatte und dessen Verhalten im Lehrerkollegium für Verärgerung sorgte, habe die Pädagogin "ein ideales Opfer" gehabt. Allerdings habe sich K. bei der Darstellung der Begebenheit in erhebliche Widersprüche verstrickt.

Angeklagte gab an, um Hilfe gerufen zu haben

Zunächst habe K. einer Kollegin nur berichtet, dass Kollege A. sie angegangen habe, sagte Bunk. Die Angeklagte habe dann später bei einer ersten Polizei-Aussage geschildert, sie habe während der Begebenheit um Hilfe gerufen. Bei einer weiteren Aussage hingegen habe sie gesagt, der Lehrerkollege habe ihr den Mund zugehalten. Ob der Mund zugehalten werde oder nicht, würde ein Opfer aber nie vergessen, sagte die Richterin. "Da hat man Todesangst."

Später habe sich K. von zwei Ärztinnen im Intimbereich wegen der angeblichen Vergewaltigung untersuchen lassen, sagte die Richterin. Beide Ärztinnen konnten keinen Verletzung feststellen. Eine dritte Ärztin jedoch stellte Wochen danach eine Verletzung fest. Das Gericht ging davon aus, dass sich K. diese selbst zugefügt hatte. Dass eine Verletzung "schlimmer als besser wird - das halten wir für nicht wahrscheinlich", sagte Richterin Bunk. (afp/dpa)