Essen. Die Sportart nimmt in den Hitlisten der gesündesten körperlichen Betätigungen einen Spitzenplatz ein. Denn dabei wird nicht nur die Ausdauer trainiert und das Herz-Kreislauf-System gestärkt, sondern zugleich auch die Muskulatur ordentlich beschäftigt. Tipps von Profis und Ärzten.
Würdevoll rauscht der Deutschlandachter durchs Wasser – unablässig und rhythmisch angetrieben von Modellathleten, deren Pulsschlag kurz vor dem Ziel zuweilen die 200er-Grenze erreicht – auf dem Weg zur nächsten Medaille. Die Erfolge der deutschen Ruderer bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen verdecken jedoch gelegentlich die andere Seite des Ruderns: den Freizeit- und Gesundheitssport, der körperliche Bewegung mit schönen Naturerlebnissen kombiniert.
Ausdauer und Kraft
In den Hitlisten der gesündesten Sportarten nimmt das Rudern einen Spitzenplatz ein, wird doch nicht nur die Ausdauer trainiert und das Herz-Kreislauf-System gestärkt, sondern zugleich auch die Muskulatur ordentlich beschäftigt. Und dazu benötigen Ruderer Kraft.
Kristof Wilke hat davon eine Menge und weiß sie auch einzusetzen. Bei den Olympischen Spielen in London war er Schlagmann des Deutschlandachters. Unvergessen ist seine Usain-Bolt-Pose nach dem finalen Zieleinlauf. „Beim Rudern werden die meisten Muskeln des menschlichen Körpers beansprucht“, sagt der Olympiasieger, der Sport und Biologie an der Ruhr-Universität Bochum studiert.
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Ein dicker Bizeps ist übrigens nicht vonnöten, rund 70 Prozent der Kraft kommt beim Rudern aus den Beinen. Bedeutsam ist die so genannte Kraftausdauer: Die Muskeln verrichten über einen längeren Zeitraum schweißtreibende Arbeit, ohne allzu rasch zu ermüden, weil sie den Sauerstoff optimal verwerten. Das ist wichtig für das Wettkampfrudern, bei dem eine Strecke von zwei Kilometern je nach Crew in fünf bis acht Minuten zurückgelegt wird.
Gesunder Sport
„Rudern ist ein sehr gesunder Sport“, sagt Dr. Joachim Schubert, „man muss allerdings differenzieren zwischen dem Hochleistungs- und Breitensport.“ Der Bochumer Sportmediziner kennt kaum eine Sportart, in der die Spitzenathleten so viel trainieren wie beim Rudern: drei bis vier Trainingseinheiten täglich. Doch ob Spitzen- oder Breitensportler: In diesem Sport ist fast alles in Bewegung. „Trainiert werden neben der Ausdauer vor allem Rücken, Po, Bauch, die Beine, Arme und Schultern – ein idealer Sport auch für Frauen“, sagt Schubert. Und die Bewegung an der frischen Luft stärke zudem das Immunsystem.
Technik und Training
Die Rudertechnik ist komplex und bestenfalls von Überfliegern auf Anhieb zu erlernen. „Die Gefahr ist groß, dass man mit der falschen Technik dem Rücken schadet“, erklärt Sportmediziner Schubert, „man sollte also nicht sofort losrudern, sondern unter Anleitung trainieren.“
Neben der Technik sind eine gute Koordination und ein ausgeprägter Gleichgewichtssinn förderlich. „Von außen betrachtet sieht Rudern einfach und leicht aus, es dauert aber, bis der richtige Dreh gefunden ist“, sagt Frank Flörke, Jugendtrainer beim Ruderclub Hansa Dortmund. Zu Beginn sind deshalb im Anfängerbereich Trocken- und Koordinationsübungen unerlässlich. „Wir versuchen aber schnell, den Kontakt mit dem Wasser herzustellen“, erklärt Flörke.
Sitzt die Technik, folgt der nächste Schritt: das harmonische Zusammenspiel in der Mannschaft. Denn erst, wenn alle Athleten im Gleichklang rudern, kann das Boot ins Gleiten gebracht werden. Trainiert wird übrigens ganzjährig. „Ruderer sind keine Schönwettersportler. Solange uns kein Eis, Nebel, Gewitter oder hohe Minusgrade behindern, sind wir auf dem Wasser“, sagt Rudertrainer Frank Flörke.
Gesundheitliche Risiken
Sieht man von den packenden Zieleinläufen bei Olympia oder auf dem Rotsee ab, ist Rudern ein eher sanfter Sport – sofern die Technik richtig beherrscht wird: Im Boot werden Wirbelsäule und Gelenke nicht so stark beansprucht wie in vielen anderen Sportarten. Und Fouls gibt es auch nicht, abgesehen von kleineren Bootskollisionen, doch die sind eher selten. Wenn sich Ruderer verletzten, dann zumeist an Land.
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Dennoch gibt es auch auf dem Wasser Verletzungsrisiken: Schwielen und Blasen an den Händen und Sehnenscheidenentzündungen. Joachim Schubert sieht noch eine weitere Gefahr: „Auch mit 50 oder 60 haben viele Ruderer das Ziel, stets der Schnellste sein zu wollen. Das Risiko ist hoch, sich selbst zu überfordern.“ Es drohen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Ruderergometer
Wasserscheue Wesen müssen nicht auf den Genuss des Rudersports verzichten, gibt es doch Ergometer für das Trockentraining, das die Ruderbewegung mit Armzug und Rollsitz simuliert. „Es ist das perfekte Trainingsgerät, wenn man damit umgehen kann“, sagt Schubert.
Auch hier gilt: Ohne Technik geht’s auf den Rücken. Im Vereinssport besitzt der Ruderergometer einen hohen Stellenwert – vor allem im Wintertraining. „Das Gerät kann aber nur die Bewegung simulieren, nicht das wackelige System auf dem Wasser. Das ist so ähnlich wie beim Fahrradergometer, bei dem man auch nicht das Gleichgewicht halten muss“, sagt Flörke.
Für fast jedes Alter
Das ideale Alter für den Einstieg in den Rudersport ist zwischen zehn und zwölf Jahren. „Erst dann ist das Knochengerüst für das Rudern weit genug ausgebildet“, sagt Rudertrainer Frank Flörke. Eine Altersbegrenzung gibt es nicht, sofern man gesund und fit ist. In einigen Ruderklubs gibt es sogar Ü-80-Teams, die noch regelmäßig aufs Wasser gehen. Ein Einstieg im Erwachsenenalter ist unproblematisch. Joachim Schubert selbst hat erst mit 30 mit dem Rudern begonnen und es nicht bereut: „Es ist einfach ein toller Sport.“
Infos: So finden Sie einen Verein
Wer einen Ruderverein sucht, wird im Internet auf der Homepage des Deutschen Ruderverbandes fündig. Dort gibt es eine komfortable Suche nach Stadt, Postleitzahl und sogar nach Bootshäusern: http://www.rudern.de/verband/mitglieder/
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