Essen. Kochen, putzen, Kinder versorgen - Peter kann das. Doch was für seine Frau wie der perfekte Mann aussieht, führt ihn in die Krise. Mit „Du bist dran“ sorgt das Erste am Mittwoch für einen sehenswerten Fernsehabend.
So also sieht der neue Traummann aus: Er putzt, er kocht, kauft ein, bindet Kinderschuhe zu. Und wenn seine Frau geschlaucht von der Arbeit kommt, nimmt er sie liebevoll in den Arm: Peter ist der perfekte (Haus)-Mann, findet jedenfalls seine Frau. Eine Karrierefrau natürlich, die froh ist, wenn sie die Pumps ausgezogen und beim Weinchen ihre Ruhe hat.
Wenn die klassische Rollenverteilung auf den Kopf gestellt wird, ist die Folge meist irgendeine halbgare Komödie mit vorhersehbaren Konflikten. In „Du bist dran“ (ARD, Mittwoch, 20.15 Uhr) ist alles anders.
Dabei wird dieses Familiendrama der mehrfach ausgezeichneten Autorin und Regisseurin Sylke Enders („Mondkalb“) durchaus vom leichten Komödienton getragen. Doch hinter den Konflikten um Kinder und Küche lauert die Ich-Krise des neuen Mannes mit dem Wischmop.
Lars Eidinger - einer der besten Schauspieler
Denn so sehr sich die Eheleute auch einreden, dass man in gutbürgerlichen Akademikerfamilien mal so frei sein kann, den Mann an den Schrubber zu lassen – so sehr gerät Peter in den typischen Teufelskreis, durch den täglich Millionen Frauen navigieren: Ob mit Feudel, Pflaster oder Leergut ausgerüstet, kennt der Arbeitstag kein Ende. Und wer den Kopf nur im Kochtopf hat, fällt bei Schickimickis Kunstausstellungen aus dem Rahmen.
Als arbeitsloser Möbelrestaurator befindet sich das Selbstwertgefühl eben da, wo auch die vollen Windeln liegen. So einer wie Peter sucht immer den Fehler bei sich. Und weil ihm die doofe Skulptur aus Zitronen (die Limonen sind!) nichts sagt, besäuft er sich und fliegt vor all den exaltierten Wichtigtuern auch noch hin.
Dass sich aus dieser Ladung Frust ein Kammerspiel entwickelt, das zeigt, wie ein launiger Typ seinen Stolz verliert, liegt an ihm: Lars Eidinger gehört zu den Besten, die das deutsche Fernsehen zur Zeit zu bieten hat. Eidinger, Ensemble-Mitglied der Berliner Schaubühne, zeigte schon 2012 im Tatort „Borowski und der stille Gast“ als psychopathischer Mörder seine überaus eindringliche Seite. Als er im Polizeiruf „Der Tod macht Engel aus uns allen“ eine transsexuelle Tänzerin spielte, deren Geliebter ermordet wurde, saß man mit Gänsehautgefühl vor dem Fernseher.
Ein Opfer des Alltags –oder der WC-Ente?
In „Du bist dran“ ist Eidinger ein Opfer des Alltags. Wie er da hockt, vor dem Klo. Wie er mit Gummihandschuhen und einem Blick aus Routine und Vorwurf die WC-Ente über den Klorand kreisen lässt – das hat fast etwas Tragikomisches.
Natürlich stellt sich der Zuschauer die Frage, warum der Kerl so unzufrieden ist. Schließlich ist seine Frau (Ursina Lardi – gleichfalls eine überzeugende Wahl) eine zwar egoistische, aber recht taffe Person, die das Geld ranschafft, und ihren Peter liebt. Gut, sie macht auch Fehler. Insbesondere einen. Aber Fehler passieren.
Was ist los mit ihm? Die WC-Ente allein kann doch nicht Schuld sein, dass seine Männlichkeit baden geht. Und tatsächlich hat sein Dilemma mehr mit seiner Mutter als mit seiner Frau zu tun. Das ist psychologisch ein bisschen dick aufgetragen, aber am Gesamteindruck ändert sich nichts: außergewöhnlich und sehenswert!