Santiago de Compostela. . „Ich habe alles vermasselt, ich will sterben“, rief der Lokführer Francisco José G. entsetzt, nachdem sein Schnellzug in Santiago de Compostela gegen die Schutzwand gekracht, entgleist und umgestürzt war. Bei dem schweren Unglück wurden 78 Menschen getötet, 168 wurden verletzt.
„Ich habe alles vermasselt, ich will sterben“, rief der Lokführer Francisco José G. entsetzt, Sekunden nachdem sein Schnellzug in Santiago de Compostela gegen die Schutzwand gekracht, entgleist und umgestürzt war. Die Aufzeichnung der Funksprüche scheinen zu bestätigen, dass der Zug viel zu schnell in eine Kurve gerast war. „Es war nur Tempo 80 erlaubt, und ich bin mit 190 gefahren“, sagte der geschockte Lokführer in seinem Notruf.
Seit mehr als 30 Jahren ist G. für die staatliche Bahn Renfe tätig, seine Laufbahn sei lupenrein, heißt es. Geboren wurde er in der galizischen Eisenbahnerstadt Monforte de Lemos, schon sein Vater war bei der Bahn. Längere Zeit war er auf der Route zwischen Madrid und Barcelona im Einsatz. Vor drei Jahren habe er sich in die Hafenstadt La Coruña versetzen lassen, um sich um seine Mutter zu kümmern.
Dem Lokführer droht Anklage wegen fahrlässiger Tötung
Die Unglücksstrecke kannte er nach Angaben von Renfe gut, seit mehr als einem Jahr sei er dort schon unterwegs gewesen. Rund 60-mal habe er die Unglückskurve in dieser Zeit passiert. Bekannte beschreiben G. als freundlich und verantwortungsvoll. „Er ist ein ausgezeichneter Mensch, ein sehr netter Typ“, zitierte die Zeitung „La Voz de Galicia“ einen Schaffner, der wie G. Mitglied in der Eisenbahnergewerkschaft ist.
Am Freitag wurde er von der Polizei der „Fahrlässigkeit“ beschuldigt. Er habe möglicherweise ein „kriminelles Delikt“ begangen, das den Unfall herbeigeführt habe, sagte Polizeichef Jaime Iglesias. Der Lokführer, der verletzt im Krankenhaus liegt und dort von der Polizei bewacht wird, muss sich nun vor einem Untersuchungsrichter verantworten, der über eine Anklage wegen „fahrlässiger Tötung“ entscheiden muss.
168 Menschen wurden verletzt
Das schwere Eisenbahn-Unglück am Mittwochabend in der Nähe der nordspanischen Pilgerstadt Santiago de Compostela war eine der schlimmsten Zug-Katastrophen der spanischen wie der europäischen Geschichte. Die Zahl der Toten ist nach der Identifizierung der meisten sterblichen Überreste von ursprünglich 80 auf 78 korrigiert worden. Die meisten Toten sind Spanier, aber es gibt auch einige Opfer aus den USA, Lateinamerika und Nordafrika. Insgesamt 168 Menschen wurden verletzt, davon schweben noch 30 in Lebensgefahr.
Nach dem Unglück gingen Fotos des Lokführers um die Welt, auf denen er mit blutüberströmtem Gesicht und verschmiertem blauen Hemd zu sehen ist. Er hält ein Handy in der Hand, über das er in diesem Moment der Bahnzentrale Bericht erstattet.
Die Tachonadel zeigt Tempo 200
Offenbar hatte G. es aber auch genossen, mit seinen Zügen möglichst schnell über die Gleise zu rasen. Inzwischen machte ein angeblicher Eintrag aus seinem Facebook-Profil die Runde. Da prahlt er, gerne Vollgas zu geben. „Ich bin am Limit“, schrieb er, „schneller geht nicht, wenn ich nicht bestraft werden will.“ Mit einem Foto garniert, auf dem die Tachonadel Tempo 200 markiert, das auf gerader Gleisstrecke durchaus erlaubt ist.
Es folgen Kommentare der Facebook-Freunde. „Junge, brems mal. Wenn die Polizei dich erwischt...“ Und dann die Antwort: „Es wäre ein Vergnügen, die Radarkamera in die Luft zu jagen.“ Allerdings wurden immer mehr Zweifel laut, ob die Seite tatsächlich von Francisco José G. angelegt wurde.