Hamburg. Vier von fünf Bundesbürgern befürworten laut einer Umfrage eine Impfpflicht für Kinder. Angesichts der hohen Zahl von Masernerkrankungen sprachen sich 79 Prozent für eine verpflichtende Impfung aus, wie eine am Donnerstag in Hamburg veröffentlichte Umfrage der Krankenkasse DAK-Gesundheit ergab.
Die meisten Menschen in Deutschland wollen einer aktuellen Umfrage zufolge eine Impfpflicht. Nach den auffälligen Masern-Ausbrüchen in diesem Jahr in Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen sprachen sich 80 Prozent der Befragten für eine solche Regelung aus, wie die Krankenkasse DAK-Gesundheit am Donnerstag in Hamburg mitteilte. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte eine Impfpflicht als letztes Mittel ins Spiel gebracht. Die Krankenkasse hat die repräsentative Forsa-Umfrage unter 1002 Menschen über 18 Jahren in Auftrag gegeben.
Der häufigste Grund für ein Ja zur Impfpflicht: 82 Prozent der Befürworter erklärten, konsequentes Impfen verringere die Zahl der Krankheiten. Mehr als zwei Drittel (73 Prozent) finden, dass viele Eltern mit dem Thema zu leichtfertig umgehen. Und 68 Prozent glauben, dass Kinderkrankheiten generell unterschätzt werden.
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Vor allem im Osten unterstützen die Menschen eine Impfpflicht: "Am meisten Unterstützung erhält die Impfpflicht aus den neuen Bundesländern (93 Prozent)", hieß es. In Norddeutschland lag die Zustimmung dagegen bei 72 Prozent, in Bayern bei 71 Prozent.
Gegner einer Impfpflicht unterstreichen das Entscheidungsrecht der Eltern
Die Gegner einer Impfpflicht führen vor allem das Entscheidungsrecht der Eltern (76 Prozent) ins Feld. Außerdem befürchten sie, Impfen könne zu viele Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringen. "Tatsache ist aber, dass das Impfrisiko sehr gering ist", erklärte die DAK-Gesundheit. "Nur bei einem von einer Million gegen Masern geimpften Kindern kommt es in Folge der Impfung zu Komplikationen mit einer dauerhaften gesundheitlichen Schädigung."
Der Begriff Kinderkrankheiten verharmlose die Gefahr, erklärte Elisabeth Thomas von der DAK-Gesundheit. "Es handelt sich um ernsthafte Erkrankungen, die schwerwiegende Folgen haben können, bis hin zum Tod." Gefährdet seien vor allem junge Erwachsene ohne ausreichenden Impfschutz. So dürften etwa die hochansteckenden Masern nicht auf die leichte Schulter genommen werden: "Noch nach vielen Jahren können Spätfolgen wie Gehirnhautentzündungen oder Behinderungen auftreten."
Nach Darstellung der Kasse gab es in der Bundesrepublik Deutschland bis 1983 eine Impfpflicht gegen Pocken. In der DDR war demnach eine Impfung unter anderem gegen Kinderlähmung, Masern und Pocken gesetzlich vorgeschrieben.
In Erftstadt bei Köln musste vor kurzem eine Waldorfschule geschlossen bleiben, nachdem dort mehrere Schüler an Masern erkrankt waren. Auch in Berlin und Bayern haben sich in diesem Jahr bereits Masern-Fälle gehäuft.
Erwachsene unzureichend gegen Keuchhusten geimpft
Nur etwa einer einer von 20 Erwachsenen in Deutschland ist ausreichend gegen Keuchhusten geimpft. Nach einer aktuellen Umfrage sind auch viele Menschen unzureichend geschützt, die durch direkten Kontakt Säuglinge anstecken könnten, wie die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) am Donnerstag in Stuttgart mitteilte. Bei Babys könne der Infekt lebensbedrohlich verlaufen. Die Fachgesellschaft forderte deshalb, sich in Kombination mit der Impfung gegen Tetanus und Diphtherie auch gegen Keuchhusten impfen zu lassen.
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Der Impfschutz muss demnach alle zehn Jahre aufgefrischt werden. In zwei Umfragen des Robert Koch-Instituts (RKI) unter mehr als 40.000 Menschen gaben demnach aber nur 5,9 Prozent der Erwachsenen an, in den vergangenen zehn Jahren gegen Keuchhusten geimpft worden zu sein. Auch in den Risikogruppen, zu denen Menschen mit Kontakt zu Säuglingen und zu gebärfähigen Frauen gehören, hatte demnach nur etwa jeder Zehnte einen ausreichenden Impfschutz.
Keuchhusten sei auch bei Erwachsenen keine banale Erkrankung, warnte die DGIM. Vor allem bei Abwehrgeschwächten könne es zu Komplikationen wie Lungenentzündung, Harninkontinenz, Gewichtsverlust und Rippenfrakturen kommen. Die höheren Kosten für den Kombinations-Impfstoff würden bei weitem das Risiko aufwiegen, dass nicht geimpfte Erwachsene womöglich Säuglinge anstecken. (dpa/afp)