Berlin/Essen. . Der Gesundheitsminister will die Notbremse ziehen: Bundesweit gab es mehr als 900 Masernfälle in den ersten sechs Monaten dieses Jahres – das sind gefährlich viele, findet Daniel Bahr (FDP). Und er denkt laut über eine Impfpflicht nach, wie sie in anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien längst üblich ist.
Angesichts der hohen Zahl von Masernerkrankungen in Deutschland hat Gesundheitsminister Bahr (FDP) eine Impfpflicht für Kinder ins Gespräch gebracht. „Es ist verantwortungslos, wenn Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen“, so Bahr. 2013 gab es bislang bundesweit mehr als 900 Masernfälle – 2012 waren es insgesamt 166.
Bahr verwies in „Bild“ darauf, dass die Masern in Skandinavien und in den USA de facto ausgerottet seien, „aber bei uns ist die Impfrate nicht hoch genug“. Bahr betonte: „Bleibt das so, wird die Diskussion über eine Impfpflicht kommen.“ In Deutschland gibt es immer noch große Impflücken beim Schutz gegen Masern, vor allem im Südwesten, in Bayern und auch in Berlin. In der Hauptstadt breiten sich die Masern rasant aus. 356 Fälle gab es dort schon in diesem Jahr.
Lebenslanger Schutz nur nach zweifacher Impfung
Einen lebenslangen Masernschutz hat nur, wer in der Kindheit zwei Mal geimpft wurde. Besonders problematisch ist die Situation nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die ständige Impfkommission rät daher auch all jenen, die nach 1970 geboren sind, generell zur Masernimpfung, sofern sie nur einmal oder gar nicht geimpft sind oder der Impfstatus unklar ist.
Ursprünglich hatte sich die Weltgesundheitsorganisation das Ziel gesetzt, die Masern bis 2010 in Europa zu eliminieren. In vielen Ländern, darunter auch in Deutschland, sind die Impfraten bislang allerdings nicht hoch genug, um die Masern auszurotten. Neues Ziel ist 2015.
Im Schnitt verläuft eine von 1000 Erkrankungen tödlich.
Masern können schwere Komplikationen auslösen und sogar lebensgefährlich sein. Es kann zu Gehirnentzündungen, Hirnhaut- oder Lungenentzündungen kommen. In Deutschland kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu örtlichen Ausbrüchen mit teils mehreren Hundert Erkrankten und auch Todesfällen. Im Schnitt verläuft eine von 1000 Erkrankungen tödlich.
NRW hatte im Jahr 2006 die letzte große Masern-Epidemie mit 1700 erkrankten Kindern. Allein in der Stadt Duisburg gab es damals 615 Fälle. In diesem Jahr zählte das NRW-Gesundheitsministerium bis Anfang Juni nur 24 Masern-Fälle, im Jahr 2011 waren es 11. Das Problem geht also an dem bevölkerungsreichsten Bundesland bisher vorbei.
Durch Impfkampagnen ist es offenbar gelungen, die Bevölkerung in NRW für die Gefahren, die von den Masern ausgehen, zu sensibilisieren. Beispiel Duisburg: Während dort im Jahr 2002 nur 28,5 Prozent der Kinder eine abgeschlossene Grundimmunisierung hatten (zwei Impfungen), waren es im Jahr 2009 schon 92,7 Prozent. Nur zwei von 100 Kindern haben in NRW gar keinen Masern-Impfschutz. Die Quoten sind allerdings regional unterschiedlich. Hagen und Olpe schneiden beim Impfschutz der Kinder etwas besser ab als der Ennepe-Ruhr-Kreis. (mit afp)