Dorsten. . Björn Freitag hat’s geschafft. Seit Jahren schon ist das Restaurant des auch aus dem Fernsehen bekannten Spitzenkochs mit einem Stern ausgezeichnet. Im Interview spricht der 40-Jährige über den Stress in der Sterneküche und warum manche Kollegen alles hinwerfen.

Jedes Jahr im Spätherbst überkommt viele Köche die Aufregung. Dann erscheint der Guide Michelin, die Bibel unter den Restaurantführern. Wer schafft es rein? Wer fliegt raus? Der Dorstener Björn Freitag (40) ist seit zwölf Jahren darin mit einem Stern vertreten. Im Interview spricht der Chef des Restaurants Goldener Anker über die hohen Anforderungen und erklärt, warum manch ein Kollege diesen Druck nicht aushält.

Einige Ihrer Kollegen klagen, das Kochen auf Sterne-Niveau zehre sie aus. Empfinden Sie Ihren Beruf als zu stressig?

Björn Freitag: Sicherlich haben wir lange Arbeitstage. Die dauern oft von zwölf Uhr mittags bis zwölf Uhr nachts. Aber der Stress besteht aus meiner Sicht eher darin, sich ständig weiter entwickeln zu wollen. Ich stelle an mich selbst den Anspruch, häufig wechselnde Gerichte anzubieten.

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Für den Arbeitsalltag ist es wichtig, gute Mitarbeiter zu haben. Wenn man sich auf sein Team verlassen kann, lässt die Belastung nach. Ist ein Restaurant-Tester im Haus, ist der Stress nicht anders als sonst. Wir kochen jeden Tag auf dem gleichen Niveau.

Erkennen Sie die Tester denn?

Freitag: Von fünf Testern erahnen wir vielleicht zwei.

Können Sie es nachvollziehen, wenn Kollegen ihr Sterne-Lokal schließen und lieber auf ein einfaches Bistro umsteigen, so wie es kürzlich der Niederländer Ron Blaauw getan hat?

Freitag: Absolut. Ich fühle mit, wenn Küchenchefs dem Druck und den Vorschriften nicht mehr standhalten wollen oder können, gerade die älteren. Manche Restaurant-Kritiker schreiben einen noch dazu in Grund und Boden. Das alles auszuhalten, ist sicher nicht einfach.

Haben Sie trotz der Belastung gezielt auf einen Stern hingearbeitet?

Freitag: Schon, aber zu dem frühen Zeitpunkt kam der Stern dennoch unverhofft. Damals, 2001 war es, hatte ich nicht gedacht, dass wir schon in dieser Liga mitkochen.

Sind Ihnen die genauen Kriterien der Sterne-Vergabe bekannt?

Freitag: Ich weiß, dass bei einem Stern zu 80 Prozent auf die Küche geachtet wird, das Ambiente macht 20 Prozent aus.

Und wie wichtig sind Getränke, speziell der Wein?

Freitag: Auf der Weinkarte geht es mehr um die Qualität als um die Quantität. Das Wichtige ist, die passende Empfehlung zum Essen aussprechen zu können. Wir beschäftigen dazu einen Sommelier. Aber auch qualitativ hochwertiges Bier wissen die Tester zu würdigen. Eines, bei dem man wirklich den Hopfen schmeckt.

Einige Küchenchefs verabschieden sich auch deshalb aus der Sternegastronomie, weil sie nicht nur einer kleinen Gästegruppe gefallen möchten.

Freitag: Ja, das ist so ein Thema. Es gibt Vorurteile und falsche Vorstellungen, wenn es um die Sterneküche geht. Die Leute sehen sich das Restaurant gerne von außen an, aber sie trauen sich nicht rein. Sie befürchten ein gezwungenes Flair und zu viel Eleganz. Wir arbeiten daran, diese Ängste abzubauen. Ich möchte doch selbst keine Flüsteratmosphäre in meinem Haus haben. Es geht um genussvolles Essen, um Freizeit. Da sollte man sich auch locker unterhalten können, sonst kann man gleich Roboter beschäftigen.

Wie schwierig ist es denn, den Gästen zu vermitteln, dass gutes Essen seinen Preis hat?

Freitag: Ich muss nicht teurer werden, nur weil ich einen Stern habe. Manche Menschen haben bestimmt die Sorge, dass sie für ein Drei-Gang-Menü 54 Euro zahlen und trotzdem nicht satt werden. Aber sie dürfen nicht vergessen, dass wir unsere Gäste noch mit diversen Aufmerksamkeiten aus der Küche zusätzlich zu den vorgesehenen Gängen verwöhnen.

Infos über Starkoch Björn Freitag

Seit Jahren ist Björn Freitag auch als Fernsehkoch bekannt, unter anderem mit seinen Sendungen „Der Vorkoster“ und „Freitag tischt auf“ im WDR Fernsehen. Neu ist „Björn Freitag, Mein WDR-Kochbuch“ (Verlag Zabert Sandmann, 24,95 €), in dem er regionale und saisonale Rezepte vorstellt, die auch Nicht-Sterneköche nachmachen können.