Hochwasser-Lage im Süden und Osten weiter verschärft
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München/Prag. Wassermassen fluten Straßen, die Energieversorgung bricht zusammen, Menschen werden in Sicherheit gebracht: Vor allem Süd- und Ostdeutschland versinken im Hochwasser. Bange Erinnerungen an die Jahrhundertflut 2002 werden wach. Auch Nachbarländer leiden massiv unter den Fluten.
Die Hochwasserlage hat sich im Süden und Osten Deutschlands sowie in Österreich am Montag weiter verschärft. Bei den Überschwemmungen nach starkem Dauerregen kamen im In- und Ausland bereits mehrere Menschen ums Leben. Überall sind viele hundert Helfer unermüdlich dabei, Sandsäcke zum Schutz gegen die Fluten aufzuschichten. Tausende Menschen mussten sich in Sicherheit bringen; ganze Ortschaften wurden evakuiert. Im thüringischen Serbitz brach ein Damm; in Kolbermoor bei Rosenheim drohte der Damm zu brechen. In vielen Haushalten fiel der Strom aus. Schulen blieben am Montag geschlossen.
In Passau steigen die Wasserstände unaufhörlich. "Wir rechnen damit, dass im Laufe des Tages an Inn und Donau die historischen Höchststände von 1954 erreicht werden", sagte ein Sprecher des Passauer Krisenstabs. Am Inn betrug der Wasserstand am Morgen bereits 9,60 Meter, an der Donau 12 Meter. Auch in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen bleibt die Lage an den Flüssen kritisch.
Hochwasser behindert auch den Bahnverkehr
Das Hochwasser behindert auch den Bahnverkehr. Insbesondere in Süd- und Niederbayern seien einige Strecken unterbrochen, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Betroffen sind unter anderem die Verbindungen München-Salzburg, Traunstein-Ruhpolding sowie zwischen Weilheim und Garmisch-Partenkirchen. Der Bahnhof Rosenheim wurde komplett gesperrt; dort stehen die Züge seit Sonntagabend still. Der Flugverkehr in München, Nürnberg und Augsburg lief normal.
In Thüringen unterstützen Soldaten der Bundeswehr seit Sonntagabend die Einsatzkräfte. In Passau wurden 150 Soldaten am Morgen erwartet. Weite Teile des Zentrums der Dreiflüssestadt sind großflächig überspült. In der Altstadt wurde der Strom abgestellt. Am Mittag sollte der Krisenstab der bayerischen Landesregierung zusammenkommen.
Lage im Süden Sachsen-Anhalts kritisch
Seit Sonntagabend helfen 50 Soldaten in Bad Köstritz nahe Greiz bei der Deichsicherung, wie das Thüringer Landeskommando mitteilte. Weitere 70 Soldaten sind seit der Nacht in Gera im Einsatz.
Im Süden Sachsen-Anhalts blieb die Lage an den Flüssen ebenfalls kritisch. Entlang der Weißen Elster und der Saale gelte überall die Hochwasserwarnstufe 4, hieß es aus der Landeshochwasserzentrale. Die Werte an den Pegeln steigen weiter. Der Katastrophenschutzleiter des Burgenlandkreises, Lutz Blech, bezeichnete die Lage in Zeitz am Morgen als dramatisch.
Hochwasser nach Dauerregen
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Komplette Innenstadt von Eilenburg in Nordsachsen evakuiert
Auch im Landkreis Nordsachsen ist die Hochwassersituation an der Mulde weiter kritisch. Die Pegel steigen weiter, sagte der Sprecher des Landkreises, Rayk Bergner. Von den Werten des Hochwasser von 2002 sei man nicht mehr weit entfernt. Besonders betroffen ist laut Bergner die Stadt Eilenburg. Die gesamte Innenstadt wurde evakuiert. Rund 7000 Menschen kamen unter anderem in Notquartieren unter.
Zahl der Hochwassertoten in Tschechien auf fünf gestiegen
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) hat wegen der dramatisch zugespitzten Hochwasserlage eindringlich an die Vernunft der Bürger appelliert. Ulbig zeigte sich am Montag verärgert darüber, dass manche Anwohner in Flussnähe die Aufforderung zur Evakuierung missachten. Es habe bereits eine Zwangsräumung gegeben. "Das, was wir hier machen, ist kein Spaß", sagte der Minister. Er verstehe, dass die Menschen Angst um ihr Eigentum hätten. Es könne aber nicht sein, dass sie uneinsichtig blieben und die Behörden sie zwingen müssten. Wenn Betroffene vom Wasser eingeschlossen seien, müsse am Ende die Luftrettung eingreifen.
In Baden-Württemberg zeichnet sich Entspannung ab
In weiten Teilen Österreichs blieb die Hochwasserlage ebenfalls angespannt. Die Pegel der Donau stiegen weiter gefährlich an. Bei Kienstock in der Wachau wurden am Morgen 9,59 Meter gemessen. Für den frühen Abend lautete die Prognose 10,92 Meter, was dem sogenannten Jahrhunderthochwasser vom August 2002 entsprechen würde. Niederösterreichs Donau-Bezirke waren am Sonntagabend zum Katastrophengebiet erklärt worden. Prekär war die Lage unter anderem in Melk, wo die Altstadt teilweise von der Donau überflutet wurde.
In anderen Teilen Österreichs entspannte sich die Hochwassersituation hingegen. So hatten die Menschen in Vorarlberg Sonntagabend wohl das Schlimmste überstanden, wie die Behörden berichteten. Die erhöhte Alarmbereitschaft wurde dort beendet. Zuvor waren vielerorts in Österreich Evakuierungen angeordnet werden. Auch in Baden-Württemberg zeichnete sich Entspannung ab.
Tote und Vermisste durch Hochwasser in Tschechien
In Tschechien stieg die Zahl der Hochwasser-Toten unterdessen auf fünf. Mindestens vier weitere Menschen galten nach Polizeiangaben am Montagmorgen als vermisst, darunter zwei Männer, die auf einem Hochwasser führenden Fluss eine Rafting-Tour unternommen hatten. Die Regierung rief am Sonntagabend nach einer Krisensitzung den Notstand über die Provinz Böhmen aus.
Rund 3000 Bewohner der Region Mittelböhmen rund um die tschechische Hauptstadt Prag mussten sicherheitshalber ihre Häuser verlassen, tausende Haushalte waren ohne Strom. Die Armee war mit 2000 Soldaten im Einsatz gegen die Fluten. In Prag waren weite U-Bahn-Abschnitte gesperrt, zahlreiche Bahnstrecken und Straßen waren unterbrochen, Schüler bekamen schulfrei. (dpa/afp)
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