Dhaka. . Die Zahl der Toten ist neun Tage nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladesch auf über 500 gestiegen. Die Opferzahl dürfte weiter steigen: 149 Menschen werden noch vermisst. Die Textilfabriken des Landes öffneten derweil wieder.

Neun Tage nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladesch ist die Zahl der Toten auf mehr als 500 gestiegen. Am Freitag fanden die Bergungskräfte in den Trümmern des Gebäudes in der Stadt Savar weitere 41 Leichen. Die Textilfabriken des Landes öffneten derweil wieder.

Nach Angaben eines Armeesprechers wurden bislang 482 Tote aus den Trümmern geborgen. Die Opferzahl dürfte weiter steigen: 149 Menschen wurden noch vermisst. 2437 Menschen waren lebend geborgen worden. Das Unglück hatte sich am 24. April ereignet.

Alle Fabriken wieder geöffnet

Millionen Arbeiter kehrten am Donnerstag in die Fabriken rund um die Hauptstadt Dhaka zurück, wie der Vizepräsident des Textilarbeitgeberverbands, Shahidullah Azim, mitteilte. „Alle Fabriken haben heute wieder geöffnet, und die Arbeiter sind zur Arbeit gegangen“, sagte Azim.

Zahlreiche Arbeiter in den rund 4500 Textilfabriken des südasiatischen Landes hatten nach dem Unglück aus Protest gegen ihre Arbeitsbedingungen gestreikt. Am Mittwoch, dem Tag der Arbeit, entlud sich die Wut der Menschen in Protesten: Zehntausende Arbeiter forderten die Hinrichtung der Besitzer der fünf Betriebe, die in dem eingestürzten Haus untergebracht waren.

Sieben Menschen festgenommen

Seit dem Unglück in Savar, einem Vorort von Dhaka, wurden sieben Menschen wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung festgenommen. Unter ihnen sind der Besitzer des eingestürzten Gebäudes Rana Plaza und mehrere Ingenieure. Arbeiter hatten nach dem Unglück berichtet, das Gebäude sei nach der Entdeckung von Rissen am Vortag evakuiert worden, doch seien sie zur Rückkehr gezwungen worden.

Die Behörden suspendierten am Donnerstag den Bürgermeister von Savar, Mohammad Refayet Ullah, weil er den Bau des Gebäudes genehmigt hatte und nach Bekanntwerden der Schäden nicht die Schließung anordnete.

Beratungen über Standards geplant

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Handelskommissar Karel De Gucht kündigten an, europäische Unternehmen zu Beratungen über die Sicherheitsstandards in den Fabriken in Bangladesch einzuberufen. Ein Kommissionssprecher sagte am Donnerstag in Brüssel, die Angelegenheit sei „dringend“. Ein Datum stand demnach noch nicht fest. In der Textilindustrie, dem wichtigsten Wirtschaftszweig des verarmten Landes, sind drei Millionen Menschen beschäftigt. Viele von ihnen verdienen weniger als 40 Dollar (30 Euro) im Monat.

Arbeitsrechtler erhoben Vorwürfe gegen den Textil-Discounter Kik. „Es zeichnet sich ab, dass Kik innerhalb von nur acht Monaten ein drittes Mal in ein schweres Unglück in einer Textilfabrik involviert ist“, heißt es in einer Mitteilung der „Kampagne für Saubere Kleidung“. Das kritisierte Unternehmen wies jegliche Verantwortung an dem Unglück zurück. Seit 2008 hätten keine „direkten Geschäftsbeziehungen“ zwischen Kik und den im Rana Plaza ansässigen Lieferanten mehr bestanden.

TÜV Rheinland kritisiert Kampagne

Auch am TÜV Rheinland übte die „Kampagne für Saubere Kleidung“ Kritik: Dessen Prüfer hätten eine der Textilfabriken in dem eingestürzten Haus in den Jahren 2011 und 2012 vier Mal untersucht, dabei aber keine Baumängel festgestellt. Der TÜV Rheinland räumte zwar die Überprüfung zweier Fabriken ein - allerdings seien diese nicht auf Baumängel, sondern „soziale und ethische Kriterien der Arbeitsgestaltung“ untersucht worden. (afp)