Essen. . Mit dem Film „Passion“ hat Brian De Palma ganz rigoros einen Film über solche Frauen gedreht, deren Stärke gelegentlich furchteinflößend wirkt. Rachel McAdams und Noomi Rapace befinden sich in der Mitte eines Machtkampfes, in dem Männer nur Nebensache sind.

Als der Kult-Regisseur Sam Fuller einst in den USA keine Geldgeber mehr für seine Projekte fand, kam er nach Deutschland und drehte einen Tatort für den WDR („Tote Taube in der Beethovenstraße“). So ähnlich ist es jetzt mit Brian De Palma (72), der vor sechs Jahren noch den fiktiven Dokumentarfilm „Redacted“ über den Irakkrieg drehte und danach nichts mehr. Nun hat der Schöpfer von Filmen wie „Scarface“ oder „The Untouchables“ Finanziers in Europa gefunden, weshalb sein neues Werk „Passion“ als deutsch-französische Koproduktion entstand, gedreht in Berlin.

Das allerdings merkt man dem Film kaum an, denn der spielt vorwiegend in Büros oder Wohnungen. Nichts strahlt hier so etwas wie Wärme aus, denn wir befinden uns in der Welt der Werbeunternehmen, wo der zwischenmenschliche Dialog inzwischen offenbar die banale Form der Werbeclips reflektiert. Folgt man De Palma, dann ist hier das Reich des Bösen, verkörpert vor allem von der ebenso schönen wie smarten und ehrgeizigen Führungskraft Christine (Rachel McAdams) in der Berliner Dependance eines weltweit operierenden Unternehmens. Ihre Mitarbeiterin Isabelle (Noomi Rapace) beispielsweise nutzt sie hemmungslos aus, schmückt sich mit deren Ideen und verstrickt sie mehr und mehr in ihre Machtspielchen.

In der Welt der Werbeunternehmen

De Palma hat hier ganz rigoros einen Film über Frauen gedreht, deren Stärke gelegentlich furchteinflößend wirkt. Männer sind da nur unscheinbare Gestalten, die noch flacher und lebloser wirken als die Einrichtungen der Räume. Trotzdem kann Christine es schließlich nicht verwinden, dass Isabelle eine Affäre mit ihrem Gelegenheitsliebhaber Dirk (Paul Anderson) beginnt, den man ob seiner Ausdruckskraft fast nicht bemerkt hätte. Überhaupt scheint die Untergebene deutlich mehr sexuelle Anziehungskraft zu besitzen als ihre frostige Chefin: Auch die Assistentin Dani (Karoline Herfurth) gesteht Isabelle ihre Liebe. Sie ahnt nicht, auf welches Spiel sie sich da einlässt.

„Passion“ ist zumindest von der Ausgangssituation her eine Neuverfilmung des französischen Films „Love Crime“ von Alain Corneau. Doch je weiter die Handlung fortschreitet, umso mehr verlässt De Palma die vorgegebenen Bahnen und folgt vor allem seinen eigenen filmischen Obsessionen. Als wolle er noch einmal seine Vorliebe für das Werk Hitchcocks betonen, die vor allem seine frühen Filme kennzeichnet, lässt er uns in einer Sequenz unvermittelt an „Der Mann, der zu viel wusste“ denken: In einer Parallelmontage treffen Schönheit und Brutalität aufeinander, zeigt De Palma links eine Bühnenaufführung von Debussys „Nachmittag eines Fauns“, während rechts sehr detailfreudig die Ausführung eines Mordes gezeigt wird.

Deutsche Dialoge in englischer Originalfassung

Die Absicht, eine strukturierte Geschichte zu erzählen, hat der Regisseur zu diesem Zeitpunkt schon längst aufgegeben. Nun aber beginnt er auch noch damit, Realität und Traum zu vermengen, um den Zuschauer schließlich mit einem ins Absurde getriebenen Verwirrspiel allein zu lassen. Man sieht förmlich einen Regisseur abtauchen in die Zeichen und Motive seines persönlichen Filmschaffens. Schwer, ihm dahin noch folgen zu können.

Ach ja, Berlin. Der Drehort Deutschland verrät sich durch eine Reihe von bekannten Schauspielergesichtern, zu denen zuvorderst Rainer Bock als Inspektor und Benjamin Sadler als Staatsanwalt gehören. In der Originalfassung sprechen sie tatsächlich Deutsch (mit englischen Untertiteln), was einer Auswertung des Films in den USA nicht dienlich sein dürfte. Wertung: Drei Sterne