Rom. . Der Kapitän der verunglückten „Costa Concordia“ trägt laut Staatsanwaltschaft die Hauptschuld an dem Unglück. Bei der Havarie des Kreuzfahrtschiffes vor 15 Monate waren 32 Menschen gestorben. Am Montag steht Kapitän Francesco Schettino mit anderen Beschuldigten vor dem Untersuchungsrichter.

„Vom Strudel erfasst und trotz Schwimmweste ertrunken.“ „In die überschwemmten Tiefen des Schiffes gestürzt und ertrunken.“ „Ins Meer gesprungen und ertrunken“. Zweiunddreißig Mal geht das so. 32 Menschen sind bei der Havarie der „Costa Concordia“ gestorben – 27 Passagiere, fünf Besatzungsmitglieder –, und bei jedem Einzelnen listen die Staatsanwälte genau auf, wie er an jenem 13. Januar 2012 zu Tode gekommen ist.

Sechs Mal steht der ganze Katalog in der 707-seitigen Anklageschrift; ein jeder der sechs Beschuldigten soll mit den Opfern konfrontiert werden, die er nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf dem Gewissen hat: Kapitän Francesco Schettino, zwei seiner führenden Offiziere, der indonesische Steuermann, der Chef des Hotelbetriebs auf dem Kreuzfahrtschiff und der Leiter des Krisenstabs bei der Reederei Costa.

Sie alle stehen am kommenden Montag im toskanischen Grosseto vor dem Untersuchungsrichter. Er soll entscheiden, ob gegen sie der Strafprozess aufgenommen wird, den die Staatsanwälte fordern. So will es das italienische Recht. Die – nicht öffentliche – Vorverhandlung wird sich nach den gegenwärtigen Plänen bis in den Juli hinziehen.

Vorwürfe auch gegen die Offiziere

„Unglaubliche Fehler“ werfen die Staatsanwälte dem heute 53-jährigen Kapitän Schettino vor, „und zwar in allen Phasen des Ereignisses, angefangen von der skrupellosen Annäherung an die Felsenklippen der Insel Giglio, über das kriminelle Krisenmanagement bis hin zum Verlassen des Schiffs mit all den hilflosen und verängstigten Personen an Bord“.

Havarierte "Costa Concordia"

Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" war Freitagnacht vor der toskanischen Küste auf einen Felsen gelaufen und gekentert. An Bord waren rund 4200 Menschen, darunter 566 Deutsche. Gegen den Kapitän der "Costa Concordia", Schettino, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung, Verursachung eines Schiffbruchs und wegen des Verlassens des Schiffs vor anderen. Das Foto zeigt das Schiff, wie es in Reise-Prospekten zu sehen war. Denn seit Freitag... © AP
...liegt das havarierte Schiff vor der Insel Giglio an der West-Küste Italiens. Das Unglück geschah am Freitag,...
...liegt das havarierte Schiff vor der Insel Giglio an der West-Küste Italiens. Das Unglück geschah am Freitag,... © AP
...dem 13. Januar während...
...dem 13. Januar während... © AP
...des Abendessens an Bord.
...des Abendessens an Bord. © REUTERS
Ein 70 Meter langer Riss ist zu sehen. Das Schiff war offenbar zu nah an die Küste gesteuert worden. Ein Felsen hatte den Rumpf aufgeschlitzt. Binnen Minuten geriet der Luxuslinier in Schlagseite. Ein Stück des Felsens...
Ein 70 Meter langer Riss ist zu sehen. Das Schiff war offenbar zu nah an die Küste gesteuert worden. Ein Felsen hatte den Rumpf aufgeschlitzt. Binnen Minuten geriet der Luxuslinier in Schlagseite. Ein Stück des Felsens... © AFP
...den das Schiff gerammt hatte, steckt fest. Unwirklich sieht die Bucht..
...den das Schiff gerammt hatte, steckt fest. Unwirklich sieht die Bucht.. © REUTERS
...von oben aus. Das Schiff liegt...
...von oben aus. Das Schiff liegt... © AFP
...seitlich im Wasser. Der Kapitän des Schiffes,...
...seitlich im Wasser. Der Kapitän des Schiffes,... © AFP
...Francesco Schettino wurde am Samstag festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schettino wegen fahrlässiger Tötung, Verursachung eines Schiffbruchs und wegen des Verlassens des Schiffs vor anderen. Die Reederei Costa hatte...
...Francesco Schettino wurde am Samstag festgenommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schettino wegen fahrlässiger Tötung, Verursachung eines Schiffbruchs und wegen des Verlassens des Schiffs vor anderen. Die Reederei Costa hatte... © REUTERS
...Kapitän Schettino am Sonntagabend
...Kapitän Schettino am Sonntagabend "Fehlentscheidungen" vorgeworfen und erklärt,... © REUTERS
...die Route des Schiffs habe offenbar zu nah an der Küste vorbei geführt.
...die Route des Schiffs habe offenbar zu nah an der Küste vorbei geführt. © REUTERS
Per Helikopter wurden Passagiere, aber auch Rettungskräfte in Sicherheit gebracht.
Per Helikopter wurden Passagiere, aber auch Rettungskräfte in Sicherheit gebracht. © AFP
Wegen heftigen Wellengangs wurde die Suche...
Wegen heftigen Wellengangs wurde die Suche... © AP
...zunächst abgebrochen.
...zunächst abgebrochen. © REUTERS
Am Montagmorgen...
Am Montagmorgen... © AFP
...haben die Bergungsmannschaften die Suche nach den noch...
...haben die Bergungsmannschaften die Suche nach den noch... © AFP
...vermissten 21 Passagieren und Besatzungsmitgliedern...
...vermissten 21 Passagieren und Besatzungsmitgliedern... © AFP
...des Kreuzfahrtschiffs
...des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" fortgesetzt. © AFP
Taucher machten sich auf die Suche nach den noch immer Vermissten.
Taucher machten sich auf die Suche nach den noch immer Vermissten. © AFP
In der Nacht zu Sonntag konnte ein Hochzeitspaar aus seiner Kabine befreit werden. Die Süd-Koreaner...
In der Nacht zu Sonntag konnte ein Hochzeitspaar aus seiner Kabine befreit werden. Die Süd-Koreaner... © AP
...wurden über 24 Stunden nach dem Unglück gerettet.
...wurden über 24 Stunden nach dem Unglück gerettet. © REUTERS
Auch am Sonntag läuft die Suche nach Vermissten auf Hochtouren.
Auch am Sonntag läuft die Suche nach Vermissten auf Hochtouren. © AFP
In der Kirche des Küsten-Dorfes wurde ein Gottesdient abgehalten. Die meisten Überlebenden des Unglücks..
In der Kirche des Küsten-Dorfes wurde ein Gottesdient abgehalten. Die meisten Überlebenden des Unglücks.. © AFP
...sind bereits in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Doch die Lage...
...sind bereits in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Doch die Lage... © AFP
...in Italien ist immer noch kritisch. Der Tank des Schiffes droht auszulaufen.
...in Italien ist immer noch kritisch. Der Tank des Schiffes droht auszulaufen. © AP
Mittlerweile haben die italienischen...
Mittlerweile haben die italienischen... © AFP
...Behörden eine Liste...
...Behörden eine Liste... © Getty Images
...mit den namen, der och immer vermissten Passagiere und Crew-Mitglieder...
...mit den namen, der och immer vermissten Passagiere und Crew-Mitglieder... © REUTERS
...veröffentlicht. Taucher suchen, soweit es die Witterung zulässt, noch immer...
...veröffentlicht. Taucher suchen, soweit es die Witterung zulässt, noch immer... © AFP
...nach den Vermissten.
...nach den Vermissten. © REUTERS
Employees of a wreck removal and salvage operations company take a coffee on January 19, 2012 before working on the cruise liner Costa Concordia aground in front of the harbour of the Isola del Giglio (Giglio island) after hitting underwater rocks on January 13. Italian rescuers resumed their search on board a crashed cruise ship the same day, as salvage workers prepared to pump out fuel from its tanks to avoid an environmental disaster.  AFP PHOTO / VINCENZO PINTO
Employees of a wreck removal and salvage operations company take a coffee on January 19, 2012 before working on the cruise liner Costa Concordia aground in front of the harbour of the Isola del Giglio (Giglio island) after hitting underwater rocks on January 13. Italian rescuers resumed their search on board a crashed cruise ship the same day, as salvage workers prepared to pump out fuel from its tanks to avoid an environmental disaster. AFP PHOTO / VINCENZO PINTO © AFP
Members of the Carabinieri in a boat travel past the Costa Concordia cruise ship which ran aground off the west coast of Italy at Giglio island January 19, 2012. No deadline has been set for ending the search for missing people on the wreck of the Italian cruise liner that capsized off the Tuscan island, the chief spokesman of the firefighters said on Thursday.  REUTERS/Paul Hanna  (ITALY - Tags: DISASTER TRANSPORT)
Members of the Carabinieri in a boat travel past the Costa Concordia cruise ship which ran aground off the west coast of Italy at Giglio island January 19, 2012. No deadline has been set for ending the search for missing people on the wreck of the Italian cruise liner that capsized off the Tuscan island, the chief spokesman of the firefighters said on Thursday. REUTERS/Paul Hanna (ITALY - Tags: DISASTER TRANSPORT) © REUTERS
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Die Offiziere hätten daran mitgewirkt durch „Nachlässigkeit, Unerfahrenheit, durch Verletzen von Verfahrensregeln und Gesetzen“. Niemand, so die Anklage, habe den Kapitän auf die Risiken der zu schnellen, auch noch nächtlichen Fahrt „in exzessiver Nähe zur Küste“ aufmerksam gemacht; niemand habe rechtzeitig den Befehl zum Verlassen des Schiffes gegeben; dadurch seien die Rettungsmaßnahmen „zu spät, in unzureichender Weise und unorganisiert“ vonstatten gegangen.

Technische Unzulänglichkeiten des Schiffes, die als Grund für die Kollision mit den Klippen und/oder für die Folgen des Unfalls infrage kommen könnten, schließen die Staatsanwälte rundweg aus.

Reederei Costa hat sich aus dem Prozess freigekauft

Kapitän Schettino hingegen wehrt sich. Von einem Verbrechen zu reden, sei „nicht hinnehmbar“, sagt er. Ausschließlich seine Reaktion „in der durch einen Unfall geschaffenen Notlage“ habe „das Sinken des Schiffes und damit Tausende von Opfern verhindert“, erklärt der heute entlassene Kapitän den Medien: „Das beweisen alle Rekonstruktionen des Vorgangs.“

Die Reederei Costa hat sich aus dem Prozess freigekauft. Gegen die Zahlung von einer Million Euro – was als Schuldeingeständnis gilt – verzichtet die Staatsanwaltschaft darauf, das Genueser Kreuzfahrt-Unternehmen für die Opfer zur Verantwortung zu ziehen und es beispielsweise der Nichtbeachtung von Sicherheits- und Unfallverhütungsregeln anzuklagen.

Die Bergung des Wracks vor der toskanischen Insel Giglio geht unterdessen langsamer voran als erwartet. Sprachen Reederei und Zivilschutz gleich nach der Havarie davon, die knapp 300 Meter lange und 60 Meter hohe „Costa Concordia“ könnte in maximal einem Jahr abtransportiert sein, deshalb gibt es 15 Monate nach dem Unglück keinerlei feste Prognose mehr.