Rom/Recklinghausen. Herbert Greszuk, Florist aus Recklinhausen, gehört zu den Überlebenden der Havarie der Costa Concordia vor der toskanischen Insel Giglio. Die Schiffs-Katastrophe, bei der 32 Menschen starben, jährt sich am 13. Januar. Herbert Greszuk klagt mit Hilfe eines Anwalts in Marl gegen den Kapitän und verantwortliche Offiziere.
An diesen einen Ruck kann sich Herbert Greszuk (63) aus Recklinghausen noch genau erinnern. Es war der Ruck, der sein Leben veränderte. Vor einem Jahr war der Florist mit seinem Partner Jörg Schulten (40) an Bord der „Costa Concordia“. Der Überlebende kann noch immer nicht fassen, dass 32 Menschen bei dem Unglück in Italien ums Leben kamen. Die Tragödie jährt sich am 13. Januar.
Am 13. Januar 2012 fährt das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ zu nah an die kleine toskanische Insel Giglio, rammt einen Felsen, kippt und kentert. 4200 Passagiere und Besatzungsmitglieder sind an Bord. Der damalige Kapitän wird der fahrlässigen Tötung verdächtigt. Er soll das Unglück verursacht und vor Passagieren und Mannschaft von Bord gegangen sein. Der Prozess gegen ihn hat noch nicht begonnen. Erst vor knapp einem Monat schloss die italienische Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen ab.
Manchmal, erzählt Herbert Greszuk aus Recklinghausen, wache er nachts schweißgebadet auf. „Ich hatte Todesangst“, sagt er. Greszuk fordert von der italienischen Justiz die komplette Aufklärung des Unglücks. Seine Vorwürfe richtet er gegen den Kapitän Francesco Schettino, die Reederei und die Justiz. Greszuk klagt mit Hilfe eines Anwalts in Marl gegen den Kapitän und verantwortliche Offiziere. „Es geht um den Verdacht der fahrlässigen Körperverletzung, der Aussetzung, Gefährdung des Schiffsverkehrs und um unterlassene Hilfeleistung“, sagt Greszuks Anwalt Hans Reinhardt. Er vertritt insgesamt 19 Passagiere.
„Das war, als wenn ein Auto gegen die Wand fährt“
Das Angebot von Reederei und deren Versicherung, mit einer Pauschale von 11 000 Euro sämtliche Forderungen abzugleichen, hat Greszuk nicht angenommen. 50 000 Euro, so haben sie ausgerechnet, wären wohl eher angemessen. Für die seelischen Schäden könne es keine Wiedergutmachung geben.
Seit dem Unglück fehle ihm die für seinen Beruf nötige Kreativität, erzählt er. „Das Unbeschwerte fehlt mir.“ Manchmal fange er, unvermittelt zu weinen. Selbst vor Kunden kullerten ihm dann dicke Tränen über die Wangen, schildert der Besitzer eines kleinen Blumengeschäftes in Recklinghausen.
Als sich der Crash anbahnte, saß Greszuk zusammen mit seinem Freund Jörg an der Bar. Es war der letzte Abend einer bis dahin wunderschönen Kreuzfahrt. Doch dann spürten die beiden einen heftigen Schlag. „Das war, als wenn ein Auto gegen die Wand fährt“, sagt Greszuk. Dann begann ein Rennen um Leben und Tod. „Ich hab den Jörg an die Hand genommen und wir sind um unser Leben gelaufen.“
Ohne Medikamente kann er nicht mehr schlafen
Es habe lange gedauert, bis die beiden Männer einen Platz in einem Rettungsboot gefunden hätten. „Als die Winden arbeiteten, aber nichts passierte, hab’ ich Panik bekommen“, erzählt Greszuk. Dann sei das Rettungsboot durchgesackt. „Wir haben nur Wasser und Dunkelheit gesehen. Erst als wir um das Schiff herumgefahren sind, haben wir gemerkt, dass das Land so nah war.“
Seit dem Unglück hat er jeden Tag an die Katastrophe denken müssen. Herbert Greszuk kann ohne Medikamente nicht mehr einschlafen. Und die Nächte sind immer noch schlimm. „Nachts, da kann ich ja nichts kontrollieren. Dann kommen die Tränen.“ (dpa/dapd)