Los Angeles. Im US-Mordprozess gegen einen als “falscher Rockefeller“ bekannt gewordenen Deutschen hat die Verteidigung in ihrem Schlussplädoyer einen Freispruch gefordert. Die Geschworenen sollen am Dienstag ihre Beratungen beginnen.

Der Mordprozess gegen einen deutschen Hochstapler, der sich über Jahre hinweg als "Rockefeller" ausgegeben hatte, geht in Kalifornien dem Ende zu. In seinem Schlussplädoyer stellte Staatsanwalt Habib Balian am Montag den gebürtigen Bayer Christian G. (52) als kaltblütigen Mörder dar. Er sei ein "Meister" im Manipulieren gewesen, der eine Lüge nach der anderen erzählt habe, zitierte die "Los Angeles Times" den Ankläger.

Der Deutsche war 2011 angeklagt worden, vor 28 Jahren den Sohn seiner Vermieterin getötet zu haben. G. lebte in den 80er Jahren unter dem Namen Christopher Chichester in Kalifornien. Im Falle eines Schuldspruchs drohen ihm zwischen 26 Jahren und lebenslange Haft.

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Verteidiger Jeffrey Denner räumte am Montag vor der Jury ein, sein Mandant sei ein Hochstapler und Betrüger mit einem beachtlichen "Portfolio von illegalem Verhalten", der sich hinter verschiedenen Namen und Identitäten versteckte. Er sei aber kein Mörder. Es gebe kein Tatmotiv, keine Augenzeugen oder DNA-Hinweise, die den Deutschen mit dem Verbrechen in Verbindung bringen könnten.

Leiche bei Bauarbeiten gefunden

In dem knapp dreiwöchigen Prozess waren Dutzende Zeugen zu Wort gekommen, darunter eine Ex-Frau des Angeklagten, Ermittler und Bekannte des Opfers. John Sohus (27) und seine Frau Linda waren 1985 spurlos verschwunden. Die Leiche des Mannes wurde neun Jahre später bei Bauarbeiten im Garten seines Elternhauses gefunden, sie konnte erst 2008 mit neuen DNA-Methoden identifiziert werden. Von der Frau fehlt weiter jede Spur. Ankläger Balian legte in dem Prozess nahe, dass auch sie von G. ermordet wurde.

Gerichtsmedizinern zufolge war der Schädel des Opfers von Plastiktüten umhüllt, die aus Buchläden von zwei Universitäten in Kalifornien und Wisconsin um 1980 stammten. In diesem Zeitraum studierte G. an beiden Orten, führte die Anklage als ein Beweismittel an. Verteidiger Denner hielt dem entgegen, dass sein Mandant viel zu intelligent sei, um eine derartige Spur zu hinterlassen und damit "einen der dümmsten Morde in der Geschichte Kaliforniens" zu begehen.

Denner legte nahe, dass John Sohus' verschwundene Frau Linda die Mörderin sein könnte. Sie sei größer und kräftiger als der schmächtige Angeklagte gewesen und hätte ihren Mann leicht töten können. Seiner Darstellung zufolge war die Ehefrau es leid gewesen, im Haus ihrer Schwiegermutter zu leben.

Leben als "Rockefeller"

Nach dem Verschwinden des Paares siedelte der Deutsche an die US-Ostküste um, wo er unter verschiedenen Namen, darunter auch "Clark Rockefeller" lebte. Er heiratete eine Unternehmensberaterin. Sie war eine von vielen, die er mit schillernden Geschichten von Erbschaften und reichen Verwandten narrte. Die Ehe wurde geschieden.

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2008 wurde G. in Boston (US-Staat Massachusetts) zu vier Jahren Haft verurteilt. Er hatte seine damals siebenjährige Tochter nach einem Sorgerechtsstreit entführt. Er kam so erneut ins Visier der Behörden und wurde später in Kalifornien wegen Mordes angeklagt. Eine Jury von sieben Frauen und fünf Männern muss nun über den Fall entscheiden. (dpa)