München. . Liza Marklund gelangen mit ihrer „Annika Bengtzon“-Reihe Buch-Bestseller. Jetzt zeigt die ARD die Schweden-Krimis als sechsteilige Reihe. Die Figur ist interessant – und wird toll gespielt. Beim Finale brennt vor Spannung die Luft.
Ihre schärfsten Waffen sind unbequeme Fragen. Damit kommt „Annika Bengtzon“ (Donnerstag, ARD, 21.45 Uhr) schneller zum Ziel, als die Polizei erlaubt. Die smarte Dame (Malin Crépin) ist blond, nicht blöd. Zum Auftakt einer sechsteiligen Krimi-Reihe bringt sie Licht ins Dunkel um „Nobels Testament“, wie der Titel der ersten Episode lautet.
Die Geschichte nach einem Bestseller der schwedischen Krimi-Autorin Liza Marklund (50) trägt durchaus boulevardeske Züge; sie lebt von Glanz und Glamour einerseits, und andererseits raunt sie von politischer Verschwörung und wirtschaftlichen Winkelzügen.
Ein charmanter Unbekannter und Schüsse auf der Gala
Obwohl Polizeireporterin, nimmt Annika Bengtzon an der Nobelpreis-Gala in Stockholm teil. Ein charmanter Unbekannter (Per Graffman) bittet sie zum Tanz. Kurz darauf wird sie von einer Frau im goldenen Abendkleid angerempelt. Anschließend fallen Schüsse, der israelische Preisträger, Stammzellenforscher Aaron Wiesel (Jackie Jakubowski), wird schwer verletzt, Komitee-Chefin von Behring (Anna Rosen) stirbt.
Die wohl unvermeidliche Islamisten-Spur erweist sich bald als falsch. Vielmehr scheint ein Komplott aus Wissenschaft und Wirtschaft hinter der Bluttat zu stehen, die übrigens nicht die einzige bleibt.
Krimi endet mit Western-Showdown
Die Geschichte treibt weniger die klassische Wer-war-es-Frage, sondern eher das Warum. Der Auftraggeber der Profi-Killerin mit den Modelmaßen (Antje Traue) wird in der Mitte der Geschichte enttarnt. Und so strebt der Krimi, wie im Western, einem Showdown entgegen, mit dem Unterschied, dass sich nicht zwei Männer duellieren, sondern dass der Geschlechter-Kampf beinahe wörtlich zu nehmen ist.
Annika Bengtzon ist eine Figur, die interessanter ist, als es der erste Anschein vermuten lässt. Auf der einen Seite verkörpert sie ein Abziehbild der modernen Superfrau. Sie sieht gut aus, sie ist top im Job, und nebenher managt sie noch ein kleines Unternehmen namens Familie, Konflikte in Schule und Nachbarschaft inklusive.
Endlich mal kein deprimierter Ermittler
Andererseits tut es gut, mal keinem Depri-Ermittler bei der Arbeit zusehen zu müssen, der an sich und der Welt leidet.
Obwohl bei einer Figur wie Annika Bengtzon durchaus Misstrauen in die Effektivität der staatlichen Ermittler mitschwingt; eine Figur wie die eifrige Polizeireporterin beinhaltet ein unterschwellig anarchistisches Moment, was in der Auftaktfolge der Reihe lustvoll ausgespielt wird, wenn sich Bengtzon mit der Polizei beharkt.
Sie machen die Welt nicht besser, aber vielleicht etwas gerechter
Liza Marklund hat nebenher mit der cleveren Polizeireporterin denjenigen Journalisten ein Denkmal gesetzt, die die Welt vielleicht nicht besser, aber doch ein kleines bisschen gerechter machen wollen. Malin Crépin verkörpert diesen Typ so sensibel wie resolut.
Regisseur Peter Flinth und Drehbuch-Autorin Pernilla Oljelund lassen sie in einem zügig inszenierten Thriller spielen, der die Genre-Regeln kennt und in seinen besten Momenten sogar damit spielt. Und beim Finale brennt die Luft.
Das ist unbedingt zu loben, zu mäkeln bleibt nur wenig. Ein paar handwerkliche Schnitzer – geschenkt. Schade aber ist: Die Reihe wird wohl vor allem deswegen nicht um 20.15 Uhr ausgestrahlt, weil das Publikum die schwedischen Schauspieler nicht kennt.