London. . Der Zwischenbericht der britischen Polizei offenbart neue Details zum Missbrauchsskandal bei der BBC. Star-Moderator Jimmy Savile soll 214 Straftaten begangen haben, Hunderte Betroffene haben sich gemeldet. Vor allem in Schulen und Heimen soll sich Savile an seinen Opfern vergangen haben - und selbst im Hospiz.
Im Olympia-Jahr hat er die Feierstimmung eines ganzen Landes ruiniert und die BBC beinahe auch: Der Skandal um den britischen Kult-Moderator und Kinderschänder Jimmy Savile kratzt am Ruf aller Institutionen im Königreich. Am Freitag legte die Polizei mit brisanten Details nach: Sie veröffentlichte alle Tatorte seiner Übergriffe – eine Liste von Schulen, Spitälern und Hospizen, deren gute Namen fortan zum Inbegriff des Gruselns werden dürften.
Vor den Kameras mimte Savile den Clown, hinter der Bühne nutzte er seinen Promi-Status, um Kinder und Hilflose zu begrapschen und drangsalieren. Über sechs Jahrzehnte erstrecken sich die Taten des Pädophilen – gut getarnt unter seinem Mantel als spendabler Wohltäter, lange ungesühnt, weil sein Umfeld verschämt wegschaute. 2011 starb der 84-Jährige – eine Befreiung für viele Opfer, die sich erst dann trauten, ihre unfassbaren Erlebnisse publik zu machen.
Mindestens 214 Straftaten hat Savile der Untersuchung zufolge begangen, sein jüngstes Opfer soll ein achtjähriger Junge gewesen sein. Über 600 Betroffene haben sich bislang gemeldet, 34 Fälle, darunter größtenteils Kinder, stuft die Polizei als schwere Vergewaltigung ein.
Savile ging in Krankenhäusern und Heimen ein und aus
Ihrem Paten und Finanzier hatten viele soziale Einrichtungen unbeschränkten Zugang zu allen Räumen gewährt, auch nachts. 14 betroffene Krankenhäuser zählte Scotland-Yard-Ermittler Peter Spindler am Freitag auf, außerdem 14 Schulen, Heime und sogar ein Hospiz, in dem der Entertainer sich an todgeweihten Kindern verging. „Er hat das ganze Land getäuscht“, resümiert Spindler.
Für die Zwischenbilanz von „Operation Eibe“ sind die Kripobeamten nicht gerade zimperlich vorgegangen. Sie machen an vielen Stellen Druck, denn die Sorge ist groß, dass Savile Teil eines größeren Netzwerk prominenter Kinderschänder in Großbritannien gewesen sein könnte. Einige von ihnen könnten noch leben und zur Verantwortung gezogen werden.
Zehn Festnahmen in wenigen Wochen
Zehn Festnahmen hat es allein in den letzten Wochen gegeben, darunter in Vergessenheit geratene Veteranen des Showgeschäfts und Ex-Produzenten, aber auch Promis wie PR-Guru Max Clifford und Comedy-Star Jim Davidson. Sie beklagen, dass die Aufklärung des Skandals in eine hysterische Hexenjagd umgeschlagen ist. „Jeder steht mittlerweile unter Verdacht“, kritisiert Davidson, „beschuldige den, den Du am wenigsten leiden kannst und schau zu, wie ihm der Prozess gemacht wird.“
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Alle Festgenommen sind mittlerweile gegen Kaution wieder auf freiem Fuß; ihre Schuld unbewiesen, der Imageschaden riesig. Wie forsch die Polizei vorgeht, zeigt der Fall Davidson. Er war am 1. Januar gerade am Flughafen Heathrow gelandet und saß im Taxi, um ins „Celebrity Big Brother“-Camp zu fahren, als die Polizei auf seinem Handy anrief.
Stundenlang wurde er vernommen, sein Haus durchsucht, die Teilnahme an der Show abgesagt. Ein Schicksal, das in den kommenden Wochen womöglich noch weiteren Prominenten droht – insbesondere jenen, die in den Sechzigern und Siebzigern Grapschereien bei Minderjährigen als Kavaliersdelikt betrachtet haben.