Washington. . Die Welt staunt noch immer über die Leistung, die Felix Baumgartner über der Steppe von New Mexico hingelegt hat. Der 43-jährige Salzburger war bei seinem Sprung aus der Stratosphäre schneller als der Schall. Eine „grandiose Werbe-Kampagne“ finden Marketing-Experten.
Jay Leno und David Letterman, seid gewarnt. In den nächsten Tagen könnte ein kleiner Mann mit dem Englisch-Akzent von Arnold Schwarzenegger bei euch auf der Talkshow-Couch sitzen, von seinen einmaligen Erfahrungen als tollkühner Mann ohne Kiste erzählen und euch, den Galionsfiguren des amerikanischen Abendschnack-Programms, am Ende eine Dose mit Gummibärchen-Brause in die Hand drücken. Noch ist das nur Satire einiger Internet-Blogger.
Für das österreichische Energiegetränke-Unternehmen, das den Sprung von Felix Baumgartner von der Dachrinne des Weltalls finanziert, technisch vorbereitet und medial perfekt ausgeleuchtet hat, wäre die erdachte Szene der beflügelnde Abschluss einer „grandiosen Werbe-Kampagne“. Finden Marketing-Experten.
Der Rest der Welt staunt noch immer über die Leistung, die der 43-jährige Salzburger am Sonntag über der Steppe von New Mexico hingelegt hat. Die Reporter der Frühstücksfernsehschicht auf CNN konnten sich vor lauter „Gänsehaut“-Feeling gar nicht mehr einkriegen. Vor allem über einen Satz: „Manchmal musst du weit hinauf gehen, um zu sehen, wie klein du eigentlich bist.“
"Grandiose Werbe-Kampagne"
Was Baumgartner nach der Landung aus gut 39 Kilometern Höhe sagte, könnte schon bald auf T-Shirts und Kaffee-Tassen prangen. Selbstkritische Töne zum Massen-Voyeurismus? Mangelware. „Nach der Landung habe ich mich über mich selbst erschreckt“, schrieb ein einzelner Leser der New York Times.
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„Was wäre eigentlich gewesen, wenn es schiefgegangen wäre?“ Technik- und Raumfahrt-Liebhaber verdauen unterdessen noch immer eine Zahl. Nach Messungen der Federation Aeronautique Internationale (FAI), die alle Rekorde in der Luftfahrt beaufsichtigt, hat Baumgartner während seines Sturzflugs die Höchstgeschwindigkeit von 1342,8 Stundenkilometern erreicht – 265 Stundenkilometer schneller als der Schall.
In den ersten 120 Sekunden des freien Falls trat ein, was die dünne Luft in diesen Höhen hervorruft: Baumgartner geriet ins Trudeln, war für lange Augenblicke navigationsunfähig, bis er sich durch Ruderbewegungen mit den Armen stabilisieren konnte.
Baumgartners Rekordsprung
„Zum Teil war das schon sehr heftig. Kurz habe ich sogar gedacht, ich würde das Bewusstsein verlieren“, sagte er der Fernsehstation, die der Firma gehört, die jenes Kaltgetränk herstellt, um das sich alles dreht. Gestern drehte sich noch alles um Felix Baumgartner. Amerika liebt nicht erst seit Evil Knievel Teufelskerle, die Grenzen sprengen.
"Raumfahrt-Programm ins Museum"
Wenn der deutsche Privatsender n-tv zur Absprungzeit mit sechs Millionen Zuschauern zwanzig Mal mehr als üblich anlockt und die „Tagesschau“ übertrumpft, wenn der Internet-Kanal YouTube mit acht Millionen Gästen mehr Gucker verzeichnet als bei Obamas Amtseinführung, dann dürfte das Nachspiel nicht weniger quotenträchtig werden.
Matt Pearce, der fürs Aeronautische zuständige Experte der „Los Angeles Times“, in deren Verbreitungsgebiet am Sonntag die stillgelegte „Endeavour“ auf einem Abschieds-Triumphzug durch die Straßen gezogen wurde, war fast besinnlich. Pearce war nach Baumgartners Jahrhundertsprung voller Bewunderung und kommt doch ins Grübeln: „Wir leben in einem Technologie-Zeitalter, in dem ein Getränke-Hersteller aggressive Abenteuer im Weltall veranstaltet, während die Vereinigten Staaten von Amerika ihr Raumfahrt-Programm ins Museum stecken.“