München. In München hat ein vorbstrafter Sexualstraftäter eine Siebenjährige missbraucht. Der Mann war aus der Sicherungsverwahrung entlassen und über eine elektronische Fußfessel überwacht worden. Bayerns Justizministerin hält die Fußfessel für ein wichtiges Instrument, die Polizeigewerkschaft warnt vor dem „Menschenversuch“.
Nach dem Missbrauch eines Mädchens durch einen vorbestraften Sexualstraftäter mit elektronischer Fußfessel ist der Streit über dieses Überwachungsinstrument neu entbrannt. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) erklärte am Mittwoch in München, sie halte trotz des Vorfalls „selbstverständlich“ daran fest. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) forderte, den „gefährlichen Menschenversuch“ sofort zu beenden.
Merk sagte: „Die Fußfessel garantiert keine absolute Sicherheit. Sie ist ein Notbehelf in Fällen, in denen wir Menschen aus der Haft entlassen müssen, von denen nach wie vor eine Gefahr ausgeht.“ Dennoch bringe die Fußfessel insgesamt zusätzliche Sicherheit und werde deshalb auch weiter eingesetzt, betonte die Ministerin.
Die Polizei könne nachvollziehen, wo und zu welcher Uhrzeit der Betroffene war. „Die Fußfessel hinterlässt Spuren“, sagte Merk. „Die Gewissheit, gefasst zu werden, ist einfach da und das hilft, Straftaten zu verhindern.“
Polizeigewerkschaft: Fußfessel eignet sich höchsten für Kleinkriminelle
Der DPolG-Landesvorsitzende Hermann Benker nannte es hingegen „ungeheuerlich“, dass Sexual- und Gewaltstraftäter, denen amtlich die Wiederholungsgefahr bescheinigt worden sei, auf die Menschheit losgelassen werden. „Elektronische Fußfesseln eignen sich allenfalls für Kleinkriminelle“, sagte er. „Im Interesse der Sicherheit der Menschen im Lebens- und Wohnumfeld dieser Straftäter sind elektronische Fußfesseln kein gleichwertiger Ersatz für deren geschlossene Unterbringung.“
Am Dienstagabend war durch einen Bericht des ARD-Magazins „Report München“ bekanntgeworden, dass ein Sexualstraftäter trotz elektronischer Fußfessel in München ein siebenjähriges Mädchen missbraucht hatte. Der 40-Jährige hatte sich im April in der Wohnung einer Bekannten an deren Kind vergangen, bestätigte die Staatsanwaltschaft München am Mittwoch. Er war erst im November 2011 aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden.
Zum Zeitpunkt des Missbrauchs funktionierte die Fußfessel
Im Jahr 1999 war der Mann unter anderem wegen Missbrauchs seiner Stieftochter verurteilt worden. Weil er nach seiner Entlassung im Jahr 2004 wieder Kindern nachstellte, kam er in Sicherungsverwahrung.
Laut Staatsanwaltschaft ist der Mann nun wieder im Gefängnis. Allerdings landete er schon vor der Anzeige des neuerlichen Missbrauchsfall wieder in der Untersuchungshaft. Den Angaben zufolge hatte er den Akku der Fußfessel nicht regelmäßig aufgeladen und verstieß damit gegen die Auflagen. Zum Zeitpunkt des Missbrauchs funktionierte die Überwachung aber.
Das bayerische Kabinett hatte vor gut einem Jahr die elektronische Aufenthaltsüberwachung beschlossen, im Januar 2012 wurde das System eingeführt. Laut Justizministerium tragen derzeit zehn Menschen in Bayern die Fußfessel, davon seien drei Gewaltstraftäter und sieben Sexualstraftäter. (dapd)