Essen. . Es ist eines der schrecklichsten Alpin-Tragödien aller Zeiten. Fünf deutsche Kletterer starben in der Schweiz am Lagginhorn - normalerweise kein sehr schwieriger Berg. Wie es zu dem Unglück kam, ist bisher noch völlig ungeklärt.

„Super Aussichten!“, jubelt der Student M. im Internet über seine Besteigung des Lagginhorns vor wenigen Tagen, aber natürlich sind Berge tückisch: Es gibt auch Bilder des Schweizer Viertausenders, auf denen graue Wolken um den Gipfel ziehen, die Schnee und Geröll dunkel färben und den Himmel bedrohlich verdüstern. Haben die fünf deutschen Bergsteiger, die von hier oben am Dienstag in den Tod stürzten, in den Abgrund gesehen?

Am Tag danach ist immer noch unklar, warum der „schreckliche Bergunfall“ geschah, den die Kantonspolizei im Wallis zudem den schlimmsten nennt seit Jahresbeginn: Ein 44-jähriger Mann aus dem Kreis Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) und sein 17-jähriger Sohn, ein 21-Jähriger aus Oerlinghausen bei Detmold und zwei junge Leute aus Berlin, ein 20-Jähriger und seine Schwester (14) stürzen über eine steile Felskante 400 Meter in die Tiefe.

Der Vater blieb zurück

Sie sind auf dem Rückweg vom Gipfel des Lagginhorns, mit 4010 Metern Höhe ein fast durchschnittlicher Berg für die Schweiz, einer, den Reiseveranstalter auch Einsteigern empfehlen, keine große Herausforderung für Alpinisten. Trotzdem ist der Vater der Berliner Geschwister nicht ganz mit oben gewesen, er blieb 100 Meter unterhalb zurück, weil er sich nicht wohl fühlte – und muss deshalb mit ansehen, wie seine Kinder fallen. Die Bergretter, die er über sein Mobiltelefon ruft, können nicht mehr helfen. Sie bringen fünf Leichen ins Tal.

War es das Wetter? Die Erschöpfung? Hat der Erdboden nachgegeben? Eine Lawine hätte der Vater sehen müssen. Beim Aufbruch der Gruppe an der Weissmies-Hütte auf gut 2700 Metern früh um fünf war der Himmel heiter, erst später sei leichter Nebel aufgezogen, heißt es. Von „Quellwolken“ spricht einer der Retter. Ein Bergführer, der noch am Abend auf der Hütte mit dem Mädchen aus Berlin geplaudert hat, berichtet am Mittwoch von Regen am Lagginhorn, rund zehn Kilometer von der italienischen Grenze entfernt, oberhalb von Saas Fee. In größeren Höhen habe es geschneit: „Sie sind also vermutlich weggerutscht, weil Eis unter dem Schnee war.“

Seilschaft oder nicht?

Aber alle fünf? Das wäre zu erklären, wenn die Bergsteiger angeseilt gewesen wären, aneinander gebunden zur gegenseitigen Sicherung; solche „Mitreiß-Unfälle“ sind gefürchtet unter Bergsportlern. Polizeisprecher Renato Kalbermatten aber sagt: „Gemäß ersten Erkenntnissen waren die Bergsteiger zum Unfallzeitpunkt nicht angeseilt.“ Einzelne Retter sollen allerdings das Gegenteil behaupten. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft im Kanton Wallis.

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Unerfahren waren die Deutschen offenbar nicht. Sie hätten schon einige Berge erklommen, erzählten sie noch am Vorabend auf der Hütte, die erst seit Mitte Juni für Bergwanderer geöffnet ist. Der junge Mann aus Nordrhein-Westfalen soll Mitglied der Bielefelder Sektion im Deutschen Alpenverein gewesen sein. Kenner warnen indes vor dem angeblich „leichten“ Berg. „Vorsicht ist geboten“, heißt es in einer Tourenbeschreibung, „wenn unsichere Seilschaften vom Gipfel absteigen.“ Nur bei „normalen Voraussetzungen“ gebe es „keine besonderen Schwierigkeiten“. Der Student M. muss solche Bedingungen am Wochenende erlebt haben: „Die Kletterei war sehr leicht“, steht in seinem Internetbericht zu lesen. „Eine angenehme Tour.“ Er notiert das am Dienstagabend, 19 Uhr. Da sind die Fünf, die nach ihm aufstiegen, schon sechs Stunden tot.