An Rhein und Ruhr. . Die immer präziser mähenden Mähmaschinen bedeuten für zahlreiche Tiere den sicheren Tod: 90.000 Rehkitze sterben jährlich durch die Maschinen. Der Umweltschutz fordert, dass alle Verantwortlichen besser zusammen arbeiten. Die Not der Tiere beflügelt auch den Erfindergeist.

90.000 Rehkitze werden pro Jahr bei der Mahd durch Mähmaschinen getötet. Die Ricke legt das noch junge Tier im hohen Gras ab, damit es dort in Sicherheit vor anderen Tieren und dem Menschen ist. Der Zufluchtsort kann aber schnell zur tödlichen Falle werden. Wenn das Rehkitz die lauten Maschinen hört, duckt es sich, anstatt wegzulaufen – dafür fehlt die nötige Kraft und Koordination. Die motorisierten Landwirtschaftsriesen mähen sehr effektiv und schneiden die Pflanzen bereits kurz über dem Boden. Die Kitze werden entweder durch Schnitte verletzt oder direkt zerhäckselt.

Suche mit Mini-Hubschrauber

Eine neue Erfindung könnte das Leben vieler Tiere retten. Wolfgang Thorn ist Dekan im Fachbereich Informatik an der Fachhochschule in Worms und Miterfinder eines speziellen „Oktokopters“. Der Minihubschrauber wird durch acht Propeller angetrieben, liegt dadurch stabil in der Luft und ist mit einer Wärmebildkamera ausgestattet, um Bambi und seine Freunde zu retten. Die Idee zur Erfindung kam Professor Thorn, selber Jäger, als er mit eigenen Augen ansehen musste, wie ein Rehkitz aufgrund eines Mahdunfalls leiden musste: „Es ist nicht auszuhalten, wenn man sieht, wie kleine Rehkitze beispielsweise zwei Läufe verlieren und anschließend qualvoll verenden. Da dachte ich mir, dass ich mit meinen Studenten doch etwas entwickeln könnte, dass die Tiere schützt und den wirtschaftlichen Schaden der Bauern minimiert.“

Der Schaden entsteht für die Landwirtschaft dann, wenn das tote Tier in den Futterkreislauf der Landwirtschaft gerät. Wolfgang Westberger vom Forstamt Niederrhein in Wesel berichtet: „Kühe sind beispielsweise reine Pflanzenfresser. Fleisch tut ihnen ohnehin nicht gut. Wenn dieses dann aber durch die Lagerzeit im Silo stark verwest ist, erkrankt die Kuh und kann im Extremfall daran sterben.“ Der Inhalt eines kompletten Silos wird so durch kleine Mengen an verwestem Fleisch zur Weiterverwertung für die Bauern unbrauchbar. Der Rehkitzschutz ist somit für die Bauern von finanziellem Interesse.

Kontakte im regionalen Bereich stärken

Auch der Naturschutzbund NRW möchte dem Sterben der jungen Rehe eine Ende setzen. Für Nabu-Mitarbeiterin Birgit Königs muss zum Schutz der jungen Tiere eine zentrale Voraussetzung erfüllt sein: „Landwirtschaft, Jäger und Naturschützer müssen alle an einem Strang ziehen. Wenn etwas auf Bundesebene entschieden wird, bringt es für uns keine praktischen Folgen. Wir haben es uns jetzt zur Aufgabe gemacht, den Kontakt zwischen allen Beteiligten im regionalen Bereich zu fördern.“

Sowohl der Naturschutzbund als auch das Forstamt empfehlen den Landwirten, dass sie von innen nach außen mähen sollen, um so das Tier frühzeitig zu vertreiben. Jäger können auch aktiv beim Schutz der Rehkitze helfen, indem sie gezielt im Zickzack-Lauf mit ihren Hunden die Wiesen und Felder durchforsten und so die kleinen Rehkitze aufspüren können.

Flugverbot für den Oktokopter

Der Oktokopter von Wolfgang Thorn verspricht eine hohe Aufspürquote. Derzeit werden dem Projekt der FH in Worms von verschiedenen Seiten Steine in den Weg gelegt. Während in Bayern ein ähnliches Projekt Fördergelder in Höhe von mehreren Millionen bekommt, wird Thorns Erfindung kaum unterstützt. In Anbetracht der Tatsache, dass Bundesagrarministerin Ilse Aigner erst vor kurzer Zeit mit dem „Wildretter-Projekt“ ein Projekt zum Schutz der Wildtiere ins Leben gerufen hat, möchte man schon fast ungläubig den Kopf schütteln. Doch es kommt für den Dekan noch schlimmer: Ihm ist vom Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz ein Flugverbot ausgesprochen worden. Sollte er sich nicht daran halten, muss er ein Bußgeld von 50 000 Euro zahlen.

Das fliegende Wärmebild-Auge könnte neben dem Rehnachwuchs auch Fasane, Rebhühner und Wachteln retten.