Karlsruhe. Wegen zu langer Unterbringung im Gefängnis bekommen vier ehemalige Sicherungsverwahrte insgesamt 240.000 Euro Entschädigung. Die Sexualstraftäter waren nach Verbüßung ihrer Haftstrafen noch weitere 18 bis 22 Jahre in Sicherungsverwahrung.

Das Land Baden-Württemberg muss vier früheren Sicherungsverwahrten insgesamt 240.000 Euro Entschädigung wegen zu langer Unterbringung im Gefängnis zahlen. Das hat das Landgericht Karlsruhe am Dienstag entschieden.

Die Sexualstraftäter waren in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Freiburg nach Verbüßung ihrer Haftstrafen noch weitere 18 bis 22 Jahre in Sicherungsverwahrung genommen worden. Damit wurde die bei ihrer Verurteilung geltende Verwahrungs-Höchstfrist von zehn Jahren deutlich überschritten.

Nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung ist rechtswidrig

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hatte diese Praxis der nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung im Dezember 2009 als rechtswidrig beurteilt. Das Bundesverfassungsgericht schloss sich dieser Einschätzung im Mai 2011 an.

Die vier Kläger waren in den 1970er und 1980er Jahren alle wegen Sexualverbrechen verurteilt worden, einer von ihnen auch wegen versuchten Mordes. Sie hatten Haftstrafen von 5 bis 15 Jahren bekommen.

Zudem war Sicherungsverwahrung angeordnet worden, die dann aber - nach Abschaffung der Zehnjahresfrist im Jahr 1998 - immer weiter verlängert wurde. Im Juli beziehungsweise Herbst 2010 waren die vier Männer aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden.

Ein Urteil mit Signalwirkung

Das Urteil des Karlsruher Gerichts zur Entschädigung ehemaliger Sicherungsverwahrter hat nach Einschätzung des Emmendinger Rechtswissenschaftlers Thomas Ullenbruch eine Signalwirkung. Er gehe davon aus, dass es bundesweit zahlreiche weitere Schadensersatzklagen geben wird.

"Meiner Ansicht nach wird dieses Urteil nicht sofort rechtskräftig werden", so Ullenbruch weiter. Laut seiner Einschätzung werde der Bundesgerichtshof angerufen, um eine grundsätzliche Klärung zu erreichen. Die Höhe der Entschädigung orientiere sich an entsprechenden Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und sei ein "symbolischer Ausgleichsversuch" für etwas, das in Gänze nie wieder gutgemacht werden könne. (dapd)