Stade. . Im Prozess gegen den mutmaßlichen „Maskenmann“ hat der Angeklagte Martin N. am Mittwoch alle drei Taten gestanden. Er habe die Jungen getötet, weil er Angst hatte, entdeckt zu werden, sagte er. Und: „Für die Taten gibt es keine Entschuldigung.“
Der als "Maskenmann" bekannt gewordene 40-jährige Martin N. hat am Mittwoch vor dem Landgericht Stade die Morde an drei Kindern zwischen 1992 und 2001 gestanden. Er habe die Jungen im Alter von 8 bis 13 Jahren getötet aus Furcht, entdeckt zu werden, hieß es in einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung. Der Pädagoge gab außerdem die meisten von insgesamt 20 ihm zur Last gelegten Missbrauchstaten zu.
Der Angeklagte zeigte sich in der Erklärung entsetzt über sein eigenes Handeln: "Ich empfinde tiefe Scham und Reue. Den Jungen und ihren Angehörigen habe ich unbeschreibliches Leid zugefügt." Er soll seine Opfer in Schullandheimen, Zeltlagern und in Bremer Wohnungen sexuell missbraucht oder von dort aus verschleppt und getötet haben.
Der jahrelang gesuchte Mann war im April in Hamburg festgenommen worden. Bis dahin habe er seine Taten verdrängt, wie aus der Erklärung von Martin N. hervorging. Er war eigenen Worten zufolge erleichtert über seine Festnahme. Er fügte hinzu: "Es gibt für mein Tun keine Entschuldigung und ich will voll dafür einstehen." In der Haft werde er sein Leben aufarbeiten und er bitte schon jetzt dafür um therapeutische Hilfe.
Martin N. soll auch nach 2001 noch Kinder missbraucht haben
Am Rande des zweiten Verhandlungstages wurde bekannt, dass der Angeklagte auch für sexuelle Missbrauchsfälle nach 2001 als Täter in Betracht kommt. So soll er 2002 und 2003 als Betreuer in einer evangelischen Jugendhilfe-Einrichtung in Hamburg-Harburg mehrere Jungen bedrängt und möglicherweise missbraucht haben, bestätigte Staatsanwalt Kai Thomas Breas.
Außerdem stehe er im Verdacht, 2004 mehrere Jungen unsittlich berührt zu haben und mit einem damals zehnjährigen Jungen einen gemeinsamen Urlaub in Dänemark verbracht zu haben. Der Angeklagte selbst hatte in seiner Erklärung ein "enges, freundschaftliches Verhältnis" zu dem heute 21 Jahre alten Mann bis zur Festnahme in diesem Jahr eingeräumt.
Der in Bremen geborene N. wuchs nach eigenen Angaben in einfachen Verhältnissen auf. Als er drei Jahre alt gewesen sei, hätten sich seine Eltern getrennt. Nach der Scheidung habe seine Mutter von der Sozialhilfe gelebt. Von seinem fünften Lebensjahr an besuchte er eine Sprachheilschule für zwei Jahre. Von der Grundschule wechselte er auf das Gymnasium. Nach seinem Abitur 1990 begann er mit dem Lehramts-Studium, das er 1996 erfolgreich abschloss. Danach war er als pädagogischer Mitarbeiter in Jugendhilfe-Einrichtungen tätig.
In der Nacht nach der Festnahme fühlte er sich schlecht
Zu seinem Vater und auch Stiefvater hat N. nach eigener Darstellung keine emotionale Bindung gehabt. Für seinen jüngeren Bruder habe er dagegen selbst die Vaterrolle übernommen. Mit Mädchen sei er nie Beziehungen eingegangen. Für ein Pflegekind aus schwierigen Verhältnissen, das er vier Jahre bei sich aufgenommen habe, sei ihm ebenfalls die Vaterrolle zugefallen.
Die Nacht unmittelbar nach seiner Festnahme schilderte Martin N. als Albtraum. Er habe sich schlecht gefühlt und wollte sich das Leben nehmen. Anfangs habe er die Taten abgestritten, später in der polizeilichen Vernehmung aber zugegeben. Zu den Missbrauchstaten erklärte der Angeklagte vor der Schwurgerichtskammer, er gebe einen großen Teil davon zu, an andere Taten könne er sich nicht erinnern, aber er kenne die Orte, die in deren Zusammenhang genannt würden, und fühle sich darum für diese Taten ebenfalls verantwortlich.
Während sein Verteidiger die Erklärung verlas, wirkte der Angeklagte selbst teilnahmslos. Er starrte vor sich hin auf den Tisch und vermied den Blickkontakt zu den Eltern der Opfer, die als Nebenkläger vor Gericht auftraten. (dapd)