Stade. . Bei der Fahndung nach dem „Maskenmann“ im Mordfall Dennis hat es offenbar schwere Pannen gegeben. Laut einem Medienbericht habe die Polizei Ermittlungsakten vernichtet haben. Zudem sei eine öffentliche Warnung vor dem Täter abgelehnt worden.
Kurz vor dem Prozessauftakt gegen den mutmaßlichen Kindermörder Martin N. berichtet der NDR über schwere Pannen bei der Fahndung. Nach Dokumenten, die dem Fernsehsender vorliegen, sollen Polizei und Staatsanwaltschaft Ermittlungsakten vernichtet haben, obwohl die Taten noch nicht verjährt waren. Zudem wurde eine durch Eltern von Missbrauchsopfern angeregte öffentliche Warnung abgelehnt, weil sie die Bevölkerung hätte verunsichern können. Diese Vorwürfe erhebt der NDR in der Dokumentation „Der schwarze Maskenmann“, die am Montag ab 21 Uhr im NDR ausgestrahlt wird.
Aktenvernichtung bei der Polizei
Die vorzeitige Aktenvernichtung betrifft mindestens zwei Fälle. Demnach war 1992 ein Zehnjähriger im Schullandheim Zeven-Badenstedt vom „schwarzen Mann“ missbraucht worden. Ermittelt hatte damals das Polizeikommissariat Bremervörde. Als die Soko Dennis 2001 die Akten anforderte, hieß es, dass der Vorgang „nicht mehr existent“ sei. Die Unterlagen sollen vernichtet worden sein. Ähnlich soll es der Soko in einem Bremer Fall ergangen sein. Dort war ein Junge zu Hause mehrfach missbraucht worden. Als die Ermittler einige Jahre später die Akten einsehen wollten, war es zu spät: Der damalige Leitende Oberstaatsanwalt Jan Frischmuth bestätigte in einem Brief an die Soko Dennis die Vernichtung.
Die Bremer Polizei habe zudem ablehnend auf den Wunsch zweier Opferfamilien reagiert, die Bevölkerung im Bremer Wohngebiet Horn-Lehe zu warnen. Dort waren in zwei Jahren siebenmal Jungen missbraucht worden.
Keine Auswertung des Computers
Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ konnte die Polizei bis heute nicht den Computer des Angeklagten auswerten, den sie in seiner Wohnung sichergestellt hatte. Der Computer sei mit einem Passwort geschützt. Spezialisten des Landeskriminalamts Niedersachsen versuchen bislang vergeblich, das Passwort zu knacken.
Martin N. (40) muss sich heute vor dem Landgericht Stade verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt dem Bremer Morde an drei Jungen sowie etliche Missbrauchstaten zur Last.