Essen. . Hass, Enttäuschung, Trauer - ein Opfer des „Maskenmanns“ lässt seinen Gefühlen in einem Beitrag für das Sat.1-Magazin „Kerner“ freien Lauf. Die Aussage des Opfers könnte vor Gericht darüber entscheiden, ob Martin N. zu Sicherungsverwahrung verurteilt wird.

Ein Opfer des „Maskenmannes“ hat im Sat.1-Magazin „Kerner“ am Donnerstagabend über den Angeklagten Martin N. und sexuelle Übergriffe gesprochen. Dem Beitrag zufolge könnte seine Aussage im Prozess über die Sicherungsverwahrung für den mutmaßlichen Peiniger entscheiden.

Zehn Minuten widmete das Sat.1-Magazin „Kerner“ mit Johannes B. Kerner am Donnerstag dem „Maskenmann“. Zwischen Energiespar-Mythen, Wohnungsmarkt-Analysen und Facebook-Tipps wurde um kurz nach 23 Uhr ein Interview mit einem Opfer des „Maskenmanns“, ausgestrahlt.

Für diesen Beitrag besuchte ein Kamerateam ein Opfer des „Maskenmanns“ am Montagabend - an dem Tag, an dem der Prozess gegen Martin N. begann. Der 21-Jährige spricht sehr leise und schnell, manchmal undeutlich. Im Beitrag soll er später Stefan Weber genannt werden.

“Maskenmann“ war ein guter Freund

In einem grauen T-Shirt sitzt Stefan Weber auf einer schwarzen Couch, im Fernsehen schaut er die Nachrichten über den Prozessauftakt seines Peinigers. Es sei schwer für ihn, die Bilder zu sehen, sagt er. Immerhin sei Martin N. - der „Masken-Mörder“, wie er ihn nennt - ein guter Freund gewesen. Beim Gedanken an N. spricht Weber von Hass, Enttäuschung. Und von Trauer, „weil ich ihn verloren hab, als guten Freund.“

Tatsächlich lässt sich ein freundschaftliches Verhältnis erahnen. Ein Handy-Video und zahlreiche private Fotos werden gezeigt: Fröhlich wirkt Stefan Weber auf den Bildern, damals, mit elf oder zwölf Jahren. Zu diesem Zeitpunkt hatte er Martin N. bereits kennengelernt. N. arbeitete als Pfleger in dem Heim, in dem Stefan Weber aufwuchs.

Heute starren die grau-blauen Augen auf den Boden, wenn er über die Taten spricht, wegen denen Martin N. vor Gericht steht: „Martin kam abends immer in mein Zimmer und hat mich gekrault.“ Stefan Weber habe nicht verstanden, was N. da tue, er habe damals noch keine Ahnung von Sexualität gehabt. Im gemeinsamen Dänemark-Urlaub wurden die Übergriffe nach Angaben des Opfers heftiger, Martin N. schlich zu Stefan Weber ins Bett: „Ich habe damals nicht geschrien. Mein Bruder lag neben mir.“

Stefan Weber verdrängt, was mit ihm passiert. So besteht der freundschaftliche Kontakt zu Martin N. bis zu dessen Verhaftung im April 2011. „Als ich erfahren hab, was Martin getan hat, war das das Zweitschlimmste in meinem Leben für mich, schlimmer war nur der Tod meiner Mutter“, sagt Stefan Weber, der jetzt eine Therapie machen will.

Fernsehbeitrag könnte Angeklagten schwer belasten

Martin N. steht seit Montag, 10. Oktober, in Stade vor Gericht. Der ausgebildete Pädagoge hat gestanden, drei Jungen zwischen 1992 und 2001 aus Schullandheimen oder Zeltlagern verschleppt und dann getötet zu haben. Außerdem gab der Angeklagte zu, mehrere Jungen sexuell missbraucht zu haben.

Im „Kerner“-Bericht heißt es, der Angeklagte gebe an, nach 2001 keine Kinder mehr missbraucht zu haben. Und weiter: „Wenn Stefans Angaben richtig sind, dann hat Martin N. gelogen und Stefan nach 2001 missbraucht, zuletzt 2004“.

Dem Fernsehbeitrag zufolge könnte Stefan Webers Aussage den Angeklagten also schwer belasten: Dem Angeklagten Martin N. droht bei einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe und gegebenenfalls eine nachträgliche Sicherungsverwahrung: Die kann jedoch nur verhängt werden, wenn der Täter weiterhin als gefährlich gilt.