Bonn. .
Die Müllcontainer vieler Supermärkte sind voll - mit Lebensmitteln, die man eigentlich noch essen könnte, die aber nicht mehr verkauft werden dürfen. Das EHI Retail Institute in Köln hat berechnet, dass im deutschen Einzelhandel mehr als 300.000 Tonnen Lebensmittel jedes Jahr in den Müll wandern. Ein Supermarkt in Bonn bietet seit Jahren einen Mittagstisch aus Nahrungsmitteln, die noch gut, aber nicht mehr zu verkaufen sind.
Beim Endverbraucher werden nach einer aktuellen Erhebung des Frischhalteherstellers Cofresco in Deutschland sogar jährlich 6,6 Millionen Tonnen vernichtet. Das Bundesverbraucherministerium will bis Ende des Jahres die Zahlen einer eigenen Studie über Lebensmittelverschwendung vorlegen. Eines steht jedoch mit Sicherheit fest: Es wird viel zu viel weggeworfen.
Das grenzt an Verschwendung, dachte sich Theo Schüren und machte vor bereits zwölf Jahren gemeinsam mit Ehefrau Gretel aus der Not eine Tugend. Seitdem gibt es im Supermarkt der Schürens in Bonn einen Mittagstisch - mit Gerichten aus dem Gemüse, das zwar noch gut ist, aber eben nicht mehr frisch genug, um es an die Kunden zu verkaufen. 30 Portionen kocht die 77-jährige Gretel Schüren jeden Tag in der kleinen Küche hinter der Fleischtheke im Supermarkt.
Nachfrage ist größer als das Angebot
Das Angebot variiert: Mal gibt es Wirsinggemüse mit Fleischbeilage, mal stehen Karotten auf dem Speiseplan - je nach dem, was weg muss. „Viele Kunden rufen an und sagen: Egal, was Sie kochen, legen Sie mir eine Portion zurück“, erzählt Gretel Schüren.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lohnt sich der Aufwand nicht, obwohl die Nachfrage größer ist als das Angebot. Schon kurz vor Mittag sind alle Portionen verkauft, die Töpfe und Pfannen leer und in vielen Einkaufswagen liegen die Behälter mit dem frisch zubereiteten Essen. Die Kunden sind Rentner, Familien oder Bewohner des umliegenden Studentenwohnheims.
Mutter kocht
„Wenn meine Mutter nicht selbst kochen würde, könnten wir das nicht anbieten“, sagt Barbara vom Dorp, die im Laden der Eltern mitarbeitet. Es würde sich nicht lohnen, für den Preis extra eine Person einzustellen, die das übernehmen würde. Immerhin haben die Schürens aber einen eigenen Metzger eingestellt, um die Mutter zu entlasten - damit sie Zeit zum Kochen hat.
Auch die anderen Familienmitglieder helfen mit. Schürens Schwester Liesel Siebenborn etwa sortiert das Obst, entfernt braune Stellen und kocht Marmelade, die ebenfalls zu einem günstigen Preis verkauft wird. Wichtig ist den Schürens, dass so wenig wie möglich weggeworfen wird. So wird auch Salat weiterverarbeitet. Anderes Grünzeug wird an Kaninchen- oder Meerschweinchenbesitzer verschenkt.
50 Prozent weniger Gemüseabfall
Denn um einen zusätzlichen Gewinn geht es den Schürens nicht, sondern um das Vermeiden von Verschwendung. Das Wegwerfen von Lebensmitteln wird durch das Mittagsangebot deutlich verringert, sagen die Eheleute. „Wir sparen dadurch bei Gemüse und Obst die Hälfte an Abfall ein“, betont Tochter Barbara. Mit den Hygienevorschriften sei das problemlos vereinbar. Denn für Obst und Gemüse gebe es kein Mindesthaltbarkeitsdatum. Bei Fleisch und Milchprodukten ist das anders. Was abgelaufen ist, landet auch weiterhin im Müll.