Essen/Hennef. . Wolfgang Petry ist 60 geworden. Wo er feiert, weiß keiner. Der Party-Sänger spricht seit fünf Jahren nicht mehr öffentlich. Es heißt aber, dass er sich jetzt als Produzent engagiert und zusammen mit seinem Sohn im Studio steckt.

Neulich keimte Hoffnung. Ja gut, bei manchen auch ein bisschen Sorge. Weil es plötzlich hieß: „Er singt wieder.“ Macht er natürlich nicht. Er spricht ja nicht einmal. Jedenfalls nicht mit Journalisten. Seit fünf Jahren nun schon. Seit er zurückgetreten ist. Und einen Rücktritt vom Rücktritt, den gibt es bei ihm nicht. Er heißt schließlich nicht Carpendale oder Westernhagen, sondern Franz Hubert Wolfgang Remling. Besser bekannt als Wolfgang Petry. Am 22. September wird er 60. Wo er feiert, weiß nicht mal der Geier.

Ruppichteroth wird heiß gehandelt im Netz. „Da wohnt der Wolle ja“, schreiben Fans. Aber selbst da hat man das Geburtstagskind lange nicht gesehen. Hat keinen Döner gekauft in der Grillstube „Antalya“, kein Bierchen geholt im „Getränke-Karussell“. Zumindest hat ihn keiner dabei gesehen. „Schon lange nicht mehr“, sagt Werner, der Maler ist und gerade beim Bäcker Frühstückspause macht. „Einer von uns“, lobt er Petry. „Nicht so abgehoben. Und gute Musik hat er auch gemacht.“

Vor Jahren weggezogen

Manch einer mag da widersprechen, Marlene Schlenzer nicht. Die 79-Jährige glaubt auch zu wissen, warum sie den Sänger so lange nicht gesehen hat. „Der ist ja tot. Die Treppe runtergefallen.“ Tochter Regine korrigiert. „Das war doch der Clüver.“ Mama nickt. „Ich habe jedenfalls beide immer gerne gehört.“

So ist es schließlich Stadtsprecher Klaus Müller, der das Rätsel lüftet. Zumindest teilweise, „Wolfgang Petry ist schon vor Jahren weggezogen.“ Wohin? Da muss Müller passen. „Irgendwo nach Hennef.“ In die „Stadt der 100 Dörfer“, in der auch das Studio liegt, in dem er seine Alben aufgenommen hat. Bis er bekannt gibt, dass er aufhört und seine Fans damit – genau – in die „Hölle, Hölle, Hölle“ schickt.

"Ganz oder gar nicht"

Im TV macht er Schluss, da hat er gerade die „Platin-Stimmgabel“ für sein Lebenswerk bekommen – von Dieter-Thomas Heck, dem Mann, bei dem 30 Jahre zuvor alles begann. Als er mit „Sommer in der Stadt“ bis auf Platz drei der ZDF-Hitparade kommt, der Wolfgang, der Petry.

„Vielschichtig“ nennt der Sänger die Gründe für sein Karriere-Ende damals. „Es ist schön, ein Musikant zu sein, aber es ist grausam, ein Star zu sein“, ist der Satz, der es vielleicht am besten zusammenfasst. Er will nicht mehr angestarrt werden, will nicht mehr ständig im Auto sitzen und nach einem Auftritt hunderte Kilometer runterreißen, um nach Hause zu kommen. Und seine Stimme, die will auch nicht mehr. Immer öfter ist Petry erkältet, schluckt Pillen und trifft trotzdem manchmal die hohen Töne nicht. „Ganz oder gar nicht“ ist sein Motto. „Ganz“ geht nicht mehr. Deshalb entscheidet sich der gebürtige Kölner für „gar nicht“.

Er soll jetzt produzieren

„J.D. Salinger des deutschen Schlagers“ hat ihn die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS) deshalb vor Kurzem genannt. Was erstens vielleicht nicht jeder Petry-Fan nachvollziehen kann und zweitens auch falsch ist. Weil Salinger nur den „Fänger im Roggen“ geschrieben hat, der Wolfgang aber Dutzende von Hits, die sich mehr als zehn Millionen Mal verkauft haben.

Vielleicht werden es ja noch mehr. Denn zurzeit steht Petry sen. mit Petry Jun. wieder im Studio, auf das nur ein kleines Schild hinweist an der Hauptstraße in Hennef. Nicht als Sänger, sondern als Produzent. Gesehen hat den musikalischen Frührentner anscheinend niemand hier in der Stadt. Vielleicht hat auch nur niemand auf ihn geachtet. „Nein“, ist sich der Verkäufer aus dem Geschäft gegenüber sicher, „der Petry wäre mir aufgefallen. Mit der VokuHila-Frisur, dem Schnauzer und so.“ Wenn er denn noch so aussehen würde. Tut er aber laut Achim nicht. Kurz ist das Haar, bartlos das Gesicht, durchtrainiert der Körper. „Er ist kaum wiederzuerkennen.“

Aber rundum zufrieden. An ein Comeback glaubt Achim deshalb nicht. „Niemals.“ Und auch Dieter-Thomas Heck, Freund und Mentor des Sängers, zeigte sich jüngst überzeugt: „Sie können ihm bieten, was sie wollen. Der kommt nicht mehr auf die Bühne.“ Er hätte für diesen Fall ja auch kein Lied zur Hand. „Hello Again“ stammt schließlich vom Kollegen Carpendale.