Berlin. .

Wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung ist Torben P. angeklagt: Am Dienstag beginnt der Prozess gegen den 18-jährigen, der im März einen 29-Jährigen in einem Berliner U-Bahnhof mit Schlägen und Tritten schwer verletzt haben soll.

Die Tat kurz vor dem Osterfest schockierte bundesweit die Öffentlichkeit: Brutal soll ein 18-jähriger Berliner Schüler einen Mann im U-Bahnhof Friedrichstraße am Karsamstag zusammengeschlagen haben. Am Dienstag, auf den Tag vier Monate nach dem Verbrechen, beginnt der Prozess gegen Torben P. wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Sein ebenfalls 18-jähriger Freund Nico A. ist mitangeklagt. Er wird der unterlassenen Hilfeleistung beschuldigt, weil er Torben P. nicht an dem Verbrechen gehindert haben soll. Außerdem sollen beide jungen Männer einen Mann, der eingreifen wollte, behindert und gefährlich verletzt haben.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklageschrift davon aus, dass Torben P. dem 29-jährigen Opfer am frühen Karsamstagmorgen in dem U-Bahnhof eine zumindest teilweise gefüllte Hartplastikflasche ins Gesicht schlug, wodurch der Mann zu Boden ging. Anschließend habe er dem Mann vier heftige Tritte gegen den Kopf versetzt, die zu schweren Verletzungen führten. Der zweite Angeklagte Nico A. sei nicht eingeschritten. Ein Passant, der Torben P. von weiteren Tritten gegen das bewusstlose Opfer abgehalten habe, sei von den beiden jungen Männern angegriffen, geschlagen und getreten worden.

Torben P. stellte sich der Polizei. Er war laut einem Gerichtssprecher zuvor nicht polizeilich auffällig. Gegen Nico A. gab es bereits einmal ein Verfahren, das aber eingestellt wurde. Gegen Torben P. wurde zwar Haftbefehl erlassen, er wurde aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Für den Prozess vor der Jugendkammer des Landgerichts sind sechs Verhandlungstage angesetzt. Er ist öffentlich, weil beide Beschuldigten als „Heranwachsende“ gelten und volljährig sind, wie der Sprecher sagte. Torben P. drohen zehn Jahre Haft, wenn der Richter das Jugendstrafrecht und 15 Jahre Haft, wenn er das Erwachsenenstrafrecht anwendet.

Fall sorgte für heftige Diskussion über den Umgang mit jugendlichen Gewalttätern

Der Fall und das Vorgehen der Berliner Justiz hatten im Frühjahr für eine heftige Diskussion über den Umgang mit jugendlichen Gewalttätern gesorgt. Das Opfer wandte sich in einem offenen Brief an Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) und forderte Untersuchungshaft für Torben P. Von der Aue lehnte eine Einmischung in das Verfahren ab. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ging schließlich in die Offensive und stellte im Mai ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, mit dem Verkehrsbetriebe, Polizei und Politik auf die gewalttätigen Übergriffe in den U-Bahnen reagieren sollten.

Neben der verstärkten Präsenz von Sicherheitspersonal und einer Ausweitung der Videoüberwachung sieht das Konzept unter anderem eine Sicherheitsleitstelle vor, die rund um die Uhr besetzt ist. Sie soll bei Gewalttaten per Lautsprecheransagen eingreifen, um eine Eskalation möglichst so lange zu verhindern, bis Sicherheitskräfte vor Ort sind. Die Polizei setzt zudem seit Mai 60 zusätzliche Beamte in Bussen und Bahnen ein.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) präsentierten im August außerdem eine Kampagne für mehr Zivilcourage. Unter dem Motto: „Deine Waffe gegen Gewalt“ fordern Plakate Zeugen von Gewalt auf, rasch zu reagieren und mit einem Knopfdruck an den Informations- und Notrufsäulen in den Bahnhöfen die Sicherheitsstellen der Verkehrsbetriebe zu alarmieren. (afp)