Essen. . Der Ex-RTL-Chef will noch in diesem Jahr in Düsseldorf sein „Volks-TV“ starten, den Öffentlich-Rechtlichen und Privaten Konkurrenz machen. Denn er findet „alles erschütternd, was da läuft“.
Der Mann ist ein Schwergewicht. Wenn Helmut Thoma einen Raum betritt, füllt er ihn aus. Nicht nur körperlich. Er ist eloquent, hat Witz. „Wer dem Trend hinterherläuft, sieht nur seinen Hintern.“ Die flapsigen Sprüche sind es, die die Nation zum Lachen bringen. Die Menschen in seiner Umgebung meist nur kurzfristig. Denn diese Menschen wissen auch: Wenn der große Thoma eine trendige Idee von mir erwartet und ich sie nicht liefern kann, seh’ ich bald nur noch seinen Hintern.
Aktuell scharrt Thoma eine neue Fan-Gemeinde um sich. Denn er hat eine Vision: Ende des Jahres will er mit seinem Partner Helmut Keiser Volks-TV, einen Verbund aus mehreren privaten Regionalsendern, starten. Sponsoren sucht er noch, die Lizenz hat er bereits. Und eines ist dem Medien-Macher klar: Er will zu einer „merkbaren dritten Kraft“ im Fernsehen werden. 30 Millionen, so kalkuliert er, muss er in den nächsten zwei Jahren in das Projekt investieren, um den beteiligten Sendern Finanzierungs- und Reichweitensicherheit geben zu können. Volks-TV werde sich über Werbung und Sponsoren finanzieren.
Regionalsender darben dahin
Die privaten Regionalsender in Deutschland seien heilige Kühe, sie hätten eine Bestandsgarantie, so Thoma, „aber sie darben dahin“. Kanäle wie NRW TV will er zukünftig mit neuen Inhalten bestücken. Er rechnet damit, 16 Millionen Haushalte zu erreichen. Wie das Programm konkret aussieht? Das weiß er noch nicht. Jung soll es sein. „Facebook kommt in den Nachrichten vor, aber nicht im Programm“, sagt er der WAZ-Mediengruppe. „Wir wollen das Interaktive stärken“. Fast gelassen erklärt er: „Als ich damals mit RTL startete, lautete die Vorgabe: den ganzen Bildschirm füllen und zwar mit Farbe.“ Das war’s.
Thoma brachte RTL auf die Erfolgsspur, galt lange als der Spezialist fürs Seichte. 1998 verließ er den Kölner Privatsender. Das Schwergewicht verschwand aus der ersten Reihe der öffentlichen Wahrnehmung. Dabei hat er die schöne bunte Medienwelt eigentlich nie verlassen. Er bekleidet Aufsichtsratsposten, gründet Medienmessen, tritt als Laudator und Schirmherr auf.
Eine Ameise mit
Schleifchen
Er braucht diese Glamourwelt, das Gefühl, der große Vordenker und Drahtzieher zu sein. Der gebürtige Wiener kommt aus einfachen Verhältnissen, hatte nach dem frühen Tod des Vaters keine Lust auf Schule, macht aus Ermangelung von Alternativen eine Molkereilehre. Die rotierenden Butterfässer, die schockierende Vorstellung, ein Leben lang in Milch waten zu müssen, schrecken ihn auf. In Windesteile holt er das Abitur nach, studiert, promoviert. „Ich möchte nicht in diesem riesigen Ameisenhaufen der Menschheit eine Normalameise sein, ich möchte wenigstens eine mit einer Schleife sein“, lautet sein Slogan.
Eine Ameise? Eigentlich ein viel zu kleines Tier für den Hobby-Archäologen vom Rhein. Wenn Thoma sich gerade mal nicht durch die Medienszene busselt, besucht er antike Plätze. Zuweilen betätigt er sich dann auch in bester Indiana-Jones-Manier als Grabräuber. Vor 30 Jahren sei er mit einem Händler aus Damaskus zu einem Höhlengrab in der antiken Wüstenstadt Palmyra gefahren, outet er sich in der „Welt“. Ein Grababschluss habe er dort mitgenommen, als schlichter Stein deklariert nach Deutschland bringen lassen. Heute stehe dieser in seinem Wohnzimmer in Hürth.
Er sucht Alternativen
zum Programm
Zu solchen Eskapaden hat er jetzt keine Zeit mehr. Thoma macht wieder Fernsehen. Regionalfernsehen. Auch, weil der Mann, der Deutschland „Tutti Frutti“ und „Big Brother“ bescherte, Alternativen zum heutigen Programm sucht. Das nervt ihn gewaltig. Bei der Programmschelte redet er sich in Rage. Schimpft auf seinen Ex-Arbeitgeber RTL, rechnet mit Pro7/Sat.1 ab. „Alles erschütternd, was da läuft“. Lässt kein gutes Haar an ARD und ZDF. „Hätte das öffentlich-rechtliche Fernsehen die Zuschauer klüger gemacht, hätten diese es längst abgeschafft“.
„Ich kann es nicht lassen“, gibt er zu. Schau’n wir mal, was er uns in seinem Volks-TV bietet.