Essen.. Einst revolutionierte MTV das Rock-Fernsehen. Dann fraß die Revolution ihre Kinder. Gratis-Videos im Netz ließen die Marktanteile des Musikkanals schrumpfen. Eine Würdigung zum 30-jährigen Bestehen.
Der Marktanteil war klein, der Einfluss groß: MTV hat das Fernsehen in den letzten 30 Jahren revolutioniert wie kaum ein anderer Sender. Erst veränderte der internationale Spartenkanal die Musikbranche, dann veränderte das brutale Showgeschäft MTV.
Die Revolution startete am 1. August 1981 im US-Kabelfernsehen mit einem programmatischen Stück. Die MTV-Gründer Michael Nesmith und John Lack läuteten in New York eine neue Ära mit „Video Killed The Radio Star“ von den Buggles ein. Und dann gab’s Rock around the clock, Rock rund um die Uhr.
Der Sender inszenierte Musik für ein junges Publikum in einer bis dahin kaum bekannten Weise. Im Gegensatz zu Live-Formaten wie dem deutschen „Rockpalast“ setzte MTV auf Videoclips. Die Mini-Filme setzten Trends. Die Musikindustrie lieferte makelloses Material. Die Künstler waren Hauptdarsteller in ihren eigenen Kurz-Dramen, die Bilder waren der Star, die Musik schrumpfte zur Beigabe.
Die Dynamik der mobilen Generation
MTV gab dem Jugendkult eine eigene Optik. Sie versinnbildlichte die Dynamik der mobilen Generation mit schnellen Schnitten. Aufkommende Stars wie Madonna und Bon Jovi verdankten ihre Karriere MTV. Auch der längst verstorbene Michael Jackson erkannte die Zeichen der Zeit. Der New Yorker Musikkanal bescherte dem ehemaligen Motown-Sänger die nächste Generation halbwüchsiger Fans.
In den 90ern bescherte MTV dem Fernsehmarkt abermals eine Neuerung: Die Programmmacher zogen elektrisch verstärkten Rockern von Nirvana bis Eric Clapton kurzerhand den Stöpsel raus. Die „Unplugged“-Reihe machte Furore – und Umsätze.
Der Kanal prägte die Pop-Kultur weltweit
MTV Movie Awards
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MTV prägte die Pop-Kultur weltweit, weil der Sender schließlich in allen wichtigen Märkten vor Ort vertreten war, ab 1997 auch in Deutschland. Im Vergleich zu TV-Riesen wie ARD und ZDF, RTL und Sat.1 blieb MTV immer ein Zwerg. Doch während die Marktführer kaum Experimente wagten, erwies sich das Nischenprogramm als Talentschuppen, auch bei provokativen Mutprobe-Formaten jenseits der Clips. Einer der jungen Wilden ist ProSieben-Moderator Joko Winterscheidt. Der 31-Jährige über seine MTV-Zeit: „Wir hatten die Chance, unseren eigenen Weg zu entwickeln. Wir wurden nicht wie Moderationsmaschinen behandelt, die einfach nur funktionieren müssen. Wir durften Persönlichkeiten werden. Das kommt uns jetzt im großen Fernsehen zu gute.“
Internet killed the Video Star
Dabei schwingt Nostalgie mit. Kein Wunder: Die einstigen Pop-Revolutionäre sind inzwischen selbst museumsreif geworden. Die Generation Internet sieht ihre Videos nicht mehr im Fernsehen, sondern bei YouTube. Die Marktanteile von MTV schrumpften.
30 Jahre MTV
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Schließlich trat Eigner Viacom die Flucht nach vorn an: Die US-Konzernmutter verwandelte in diesem Jahr den einst frei empfangbaren Sender in einen Bezahlkanal. Medienaufseher Jürgen Brautmeier von der Düsseldorfer LfM: „Mit der Veränderung der Medienwelt durch die Digitalisierung und der damit einhergehenden veränderten Nutzung von Musik und Videos hat sich das Geschäftsmodell verändert. MTV hat eine Generation begleitet und geprägt, aber alles hat ein Ende.“
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