Paris. . Beim Absturz der Air-France-Maschine über dem Atlantik haben die Piloten gravierende Fehler gemacht. Zu diesem Ergebnis kommt der Bericht der französischen Untersuchungsbehörde für Flugunfälle.
Gleich mehrere Pilotenfehler haben vor gut zwei Jahren den Absturz der Air-France-Maschine mit 228 Menschen an Bord im Atlantik verursacht. Das geht aus dem dritten Untersuchungsbericht hervor, den die französische Luftfahrtermittlungsbehörde BEA am Freitag in Paris vorlegte. Die Fluggesellschaft Air France verteidigte indes die Besatzung des Airbus A330, in dem Anfang Juni 2009 auch 28 Deutsche starben.
Keine klaren Anweisungen
Die BEA listete in ihrem dritten Bericht die Pilotenfehler genauer auf, die die Behörde bereits Ende Mai angesprochen hatte. Danach verließ der Flugkapitän kurz vor zwei Uhr nachts das Cockpit, um sich auszuruhen. Dabei habe er keine klaren Anweisungen für seine Abwesenheit gegeben. Schon wenige Minuten später gab es in 11.500 Metern Höhe Probleme mit der Geschwindigkeitsmessung, weil die Sensoren vereist waren. "Wir haben die Geschwindigkeit verloren", sagte der Ko-Pilot laut dem Stimmenrekorder um 02.10 Uhr.
Trotzdem setzte keiner der beiden Ko-Piloten das übliche Verfahren für solche Fälle in Gang, laut BEA hatten die Männer keine Ausbildung für das Verfahren in hoher Flughöhe. Auch auf den Überziehalarm, der vor einem drohenden Strömungsabriss warnte, reagierten die Ko-Piloten demnach nicht - obwohl der Alarm 54 Sekunden lang lief. Die Passagiere dürften in dieser Zeit in höchster Panik in ihren Sitzen gesessen haben, denn der Airbus A330 schwankte um bis zu 40 Grad hin und her. Eine Durchsage machte die Besatzung während des Absturzes, der gut drei Minuten dauerte, nicht.
Kritik an der Ausbildung
Die Angehörigen der Opfer hatten bereits vor der Veröffentlichung des dritten Untersuchungsberichts die Interpretation der Flugdaten kritisiert, die zu sehr auf Pilotenfehler ausgerichtet sei. Die Vereinigung der Angehörigen der deutschen Opfer HIOP wies auf die zahlreichen Probleme hin, die es mit den Geschwindigkeitsmessern, den sogenannten Pitot-Sonden, schon seit 2005 gegeben habe. Air France habe diese Schwierigkeiten nicht in seiner Piloten-Ausbildung berücksichtigt, hieß es in einer am Donnerstagabend veröffentlichten Mitteilung.
Die BEA empfahl in ihrem Bericht, die Ausbildungsprogramme zu überarbeiten und insbesondere die manuelle Steuerung und einen Strömungsabriss in hoher Flughöhe zu üben. Zu den umstrittenen Pitot-Sonden äußerte sich die Behörde nicht. Air France teilte mit, das Unternehmen habe die insgesamt zehn Empfehlungen der BEA bereits umgesetzt oder werde das so schnell wie möglich tun.
Die Fluggesellschaft verteidigte die Besatzung des Flugs AF447, die ihre Professionalität bewiesen habe: "Nichts rechtfertigt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt, die technischen Kompetenzen der Besatzung in Frage zu stellen". Das Unternehmen versuchte indirekt, den Schwarzen Peter an das Alarmsystem und damit an den Flugzeugbauer Airbus weiterzugeben. "Das irreführende und unangebrachte mehrfache An und Aus des Überziehalarms (...) hat stark zu den Schwierigkeiten der Besatzung beigetragen", hieß es.
Die französische Justiz ermittelt sowohl gegen Airbus als auch gegen Air France wegen fahrlässiger Tötung. Es sei Sache der Justiz, nicht der BEA, die Verantwortlichen des Unglücks zu finden, sagte Verkehrsministerin Nathalie Kosciusko-Morizet.
Der Airbus A330 war am 1. Juni 2009 auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris abgestürzt. Erst Anfang Mai fand ein Tauchroboter den Flugdatenschreiber und den Stimmenrekorder der Maschine. (afp)