München. . Der Prozess gegen den der Zigtausendfachen Beihilfe zum Mord im Vernichtungslager Sobibor angeklagten John Demjanjuk spitzt sich zu. Der 90-Jährige drohte am Dienstag vor dem Landgericht München mit Hungerstreik.
Der in München der Zigtausendfachen Beihilfe zum Mord im Vernichtungslager Sobibór angeklagte John Demjanjuk droht mit Hungerstreik. In einer von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung kündigte der mutmaßliche ehemalige KZ-Wächter am Dienstag vor dem Landgericht München II an, innerhalb von zwei Wochen in Hungerstreik zu treten, falls das Gericht nicht dafür sorge, dass gewisse von seiner Verteidigung geforderte Beweismittel herangezogen werden. Dabei verlangt Denjanjuk unter anderem eine Akte mit der Nummer 1627, die der KGB zu ihm angelegt habe.
Demjanjuk nannte seine Androhung eines Hungerstreiks, den einzigen „Weg, der Welt zu zeigen, welche Verhöhnung der Gerechtigkeit dieses Verfahren darstellt“. In seiner Erklärung kritisiert er, Deutschland versuche, mit einem „politischen Schauprozess“ am Ende seines Lebens „meine Würde, meine Seele meinen Geist und mein Leben auszulöschen“. Man versuche ihn, „einen ukrainischen Bauern, für die Verbrechen, die Deutsche im Zweiten Weltkrieg verübt haben, schuldig zu sprechen“.
Zudem warf Demjanjuk der deutschen Justiz Konspiration mit „betrügerischen Staatsanwälten“ in den USA und Israel vor. Jeder Antrag und jedes Entlastungsbeweismittel, das seine Verteidigung vorlege, und die längst zu seiner Freilassung hätten führen müssen werde „gewissenlos“ zurückgewiesen.
Wegen 27.900-facher Beihilfe zum Mord angeklagt
Dem 90-jährigen Demjanjuk wird Beihilfe zum Mord in mindestens 27.900 Fällen im Vernichtungslager Sobibór vorgeworfen. Der gebürtige Ukrainer soll im Zweiten Weltkrieg laut Anklage in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten und dort zum Helfer, einem sogenannten Trawniki, ausgebildet und im Jahr 1943 als Wachmann in Sobibór eingesetzt worden sein. Dort soll er Juden aus den Zügen, mit denen sie ankamen, in die Gaskammern getrieben haben. Demjanjuk bestreitet die Vorwürfe und hat bereits in früheren Erklärungen schwere Vorwürfe gegen die deutsche Justiz erhoben.
Im Anschluss an Demjanjuks Erklärung verlas sein Verteidiger Ulrich Busch am Dienstag eine Vielzahl von Beweisanträgen. Damit will er unter anderem zeigen, dass Listen, die Demjanjuks Verlegung nach Sobibór aufführen, Fälschungen des KGBs seien oder das Trawniki keine Wahl hatten, als mit den Deutschen zu kooperieren, weil ihnen sonst der Tod drohte. Auch die Echtheit eines Dienstausweise des Angeklagten zieht Busch mit seinen Anträgen in Zweifel. Dieser ist eines der zentralen Beweismittel im Prozess.
Der Prozess gegen Demjanjuk zieht sich bereits seit 2009 mit inzwischen mehr als 80 Verhandlungstagen hin. Für den Dienstag war ursprünglich mit dem Beginn der Plädoyers gerechnet worden, ob es noch dazu kommen würde, erschien nach der Erklärung Demjanjuks und ersten Beweisanträgen seines Verteidigers unwahrscheinlich. Wegen des schlechten Gesundheitszustands des 90-Jährigen kann pro Tag nur drei Stunden verhandelt werden. (dapd)