Die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, stellte sich Schülerfragen zu ihrer Kindheit.
So viel Glück wie Dr. Charlotte Knobloch hatten während der NS-Zeit nicht alle jüdischen Kinder. Während die Jüdin drei Jahre bei katholischen Bauern ein Versteck vor den Nazis fand, fielen andere Kinder, wie die Namensgeberin der Anne-Frank-Realschule (Gerthe), den Verbrechen der Nazis zum Opfer. Beim Workshop „Herausforderung Zukunft” in dieser Schule berichtete die heutige Präsidentin des Zentralrats der Juden von den Erlebnissen ihrer Kriegskindheit und beantwortete Fragen zum jüdischen Leben in Deutschland.
Der 77-Jährigen fiel es oft schwer, von den Schreckenserlebnissen aus ihrer Kindheit zu berichten. Doch sie betonte gegenüber den Fünft- bis Zehntklässlern: „Es ist wichtig, sich den Mut und die Kraft zu nehmen, über die Vergangenheit zu sprechen.” So ließ Knoblauch auch keine schmerzhaften Fragen, wie etwa nach dem Verbleib ihrer Großmutter, unbeantwortet. Mit ihren Schilderungen führte sie den Schülern bewegende Momente ihrer Kindheit vor Augen. Sie blickte auf die Anfänge der NS-Zeit und den Tag, an dem sie zum ersten Mal damit konfrontiert wurde, dass ihre Freunde „nicht mehr mit einem Judenkind spielen dürfen” zurück.
Darüber hinaus sprach die Münchnerin von den Deportationen und Lehrern an der jüdischen Schule, „die bei der Frage nach den verschwundenen Mitschülern verstummten”. Die Zehn- bis 16-Jährigen interessierten sich besonders für Knoblochs Aufenthalt auf dem Land. Sie erfuhren von dem hohen Risiko, das fränkische Bauern bereitwillig auf sich nahmen, um das jüdische Kind Charlotte vor den Nazis zu retten.
Außer dem Leben als Jüdin unter der Herrschaft Hitlers kamen während des knapp eineinhalbstündigen Work-
shops auch aktuelle politische Themen zur Sprache. „Wie sehen Sie die Zukunft der Welt?”, wollte zum Beispiel Kevin Busch, 16 Jahre, wissen. Knobloch entgegenete, wenn „der iranische Präsident oder andere Verrückte in den Besitz von Atomwaffen kommen”, gebe es eine große Gefahr für die öffentliche Zukunft. Auf die Frage, was Knobloch tun würde, wenn sie die Welt verändern könnte, erwiderte diese: „Ich wünsche mir, dass es keinen Unterschied gibt, welche Abstammung, Religion oder Aussehen ein Mensch hat.” Darüber hinaus war der Prozess gegen früheren KZ-Wachmann John Demjanjuk ein Thema. „Diese Bestien müssen zur Rechenschaft gezogen werden”, lautete Knoblochs Ansicht. Bei der Antwort auf Dennis Husemanns Frage, „was würden Sie Hitler sagen”, entgegnete Knobloch: „Ich könnte nichts sagen, ich würde weinen.”
Schüler-Workshop
Seit Februar haben bereits sechs Bochumer Schulen an dem Workshop „Herausforderung Zukunft” teilgenommen. Gast des letzten Workshops an der Pestalozzi-Realschule in diesem Jahr ist der israelischen Gesandte Emmanuel Nashon. 2010 soll es weitere Wokshops geben.