Berlin. Erdbeben erschüttern seit Tagen die griechische Insel Santorini. Droht eine noch schlimmere Naturkatastrophe – und am Ende gar ein Tsunami?
- Wegen der Erdbeben auf Santorini wächst die Angst vor einer noch größeren Katastrophe
- Das Auswärtige Amt warnt vor dem Aufenthalt in Küstenregionen
- Droht am Mittelmeer ein Tsunami?
Nach mehreren Erdbeben nördlich der griechischen Insel Santorini zeichnet sich bereits die nächste Katastrophe ab: Laut Experten könnte auf die Erdbebenserie ein riesiger Tsunami folgen. Schon heute warnt das Auswärtige Amt (AA) vor Überschwemmungen in Küstenregionen. Einheimische und Urlauber sollten diese „sofort“ verlassen. Doch wie wahrscheinlich ist ein solcher Mittelmeer-Tsunami, der auch benachbarte Inseln wie Ios, Anafi und Amorgos betreffen könnte? Und wie gefährlich wäre er?
Ausgelöst werden Tsunamis überwiegend von Erdbeben, aber auch Vulkane und Erdrutsche können zu Riesenwellen führen. Wirklich gefährlich werden sie allerdings nur in Küstenregionen. Während sie sich im offenen Meer beinahe unbemerkt ausbreiten, türmen sich Tsunamis in flachem Gewässer zu gewaltigen Wellen auf, die vor nichts Halt machen.
Lesen Sie hier die neusten Entwicklungen zu Santorini in unserem Newsblog.
Obwohl die meisten Menschen Tsunamis eher mit anderen Regionen der Erde in Verbindung bringen, tritt das Phänomen auch im Mittelmeer häufig auf. „Etwa alle zwei bis drei Jahre“, weiß Prof. Dr. Jörn Behrens, Professor für Numerische Methoden in den Geowissenschaften an der Universität Hamburg. Jedoch fielen Tsunamis im Mittelmeer häufig milde aus und würden hauptsächlich Boote in Mitleidenschaft ziehen oder Strandbars überfluten.
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Expertin: Warnung vor Tsunami in Griechenland ist „absolut gerechtfertigt“
Doch nun könnte es anders kommen. Das Auswärtige Amt und der griechische Katastrophenschutz warnen eindringlich vor Überschwemmungen in Küstennähe. Das ist „absolut gerechtfertigt“, sagt Dr. Eleonora Rivalta, Expertin für Erdbeben- und Vulkanphysik am GFZ Helmholtz-Zentrum. „Besonders die Warnung vor möglichen Tsunamis und Erdrutschen entlang steiler Hänge ist wichtig, da Erdbeben solche sekundären Gefahren auslösen können.“
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Wie schlimm eine mögliche Flutwelle Santorini und die umliegenden Inseln treffen würden, ist laut Experten noch nicht klar. „Im Zuge des Projekt Multi-Marex sind wir derzeit vor Ort und führen aktuelle Messungen durch. In ein paar Tagen werden wir die Situation daher schon besser einordnen können“, sagt Dr. Jens Karstens vom GEOMAR Kiel. Das Verbundprojekt erforscht geologische Extremereignisse in Meeren und sammelt Wissen zur Bewältigung derartiger Gefahren.
![Seit Tagen wird die griechische Urlaubsinsel Santorini von Erdbeben erschüttert. Über 6000 Menschen haben die Insel bereits verlassen. Erdbeben auf Santorin](https://img.sparknews.funkemedien.de/408230780/408230780_1738677570_v16_9_1200.jpeg)
Erdbebenschwärme sind laut der Expertin im Gebiet um Santorini grundsätzlich nicht ungewöhnlich. „Die aktuelle Erdbebenserie fällt jedoch durch ihre große räumliche Ausdehnung und die Anzahl moderater Beben bis etwa Magnitude fünf auf, die von der Bevölkerung und Touristen deutlich gespürt werden“, so Prof. Dr. Rivalta. „Auch wenn solche Schwärme ‚normal‘ für die Region sind, bedeutet das nicht, dass sie ungefährlich sind.“
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Santorini-Beben: Expertin hält Vulkanausbruch für möglich
Die Ägäis, in der Santorini liegt, ist als tektonisch aktive Region bekannt. Dort wird die von Süden kommende Afrikanische Platte unter die Ägäische Platte geschoben und teilweise aufgeschmolzen, wobei Magma an die Erdoberfläche drängt. Das führt nicht nur zu Erdbeben in der sogenannten Subduktionszone, sondern auch zur Bildung von Vulkanen. Die halbmondförmige Inselgruppe Santorini ist Teil eines solchen Vulkansystems: Sie bildet den Rand eines gigantischen gefluteten Kraters, der durch frühere Vulkanausbrüche entstanden ist.
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Inwiefern die aktuelle Erdbebenserie tektonischen Ursprungs ist, oder auf magmatische Prozesse zurückzuführen sei, stehe laut Prof. Dr. Rivalta derzeit nicht fest. Laut der Expertin deuten einige Faktoren darauf hin, dass sich Magma seitlich von Santorini oder dem Unterseevulkan Kolumbo ausgebreitet hat. „Die Unterscheidung ist entscheidend, da tektonische Beben meist als einzelne Spannungsfreisetzungen auftreten. Selten können solche Spannungsfreisetzungen auch zu größeren Beben führen. Magmatische Prozesse hingegen können potenziell mit weiterem Magmaaufstieg und einem erhöhten Ausbruchsrisiko verbunden sein.“
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