Berlin. „Bares für Rares“ ist seit Jahren ein Quotengarant im ZDF. Zwei Antiquitätenhändler erklären, was sie an der Sendung für zweifelhaft halten.
- Die Sendung „Bares für Rares“ ist seit 2013 ein Quotengarant fürs ZDF
- Doch wie realistisch sind die Verhandlungen und Preise in der Sendung?
- Wir haben eine Folge mit einem Berliner Antiquitätenhändler-Pärchen geschaut
In Jochen Schwemers Laden in der Suarezstraße 12 in Berlin-Charlottenburg sieht es aus wie in einem Wimmelbild. Und mittendrin der Besitzer. Gemälde und alte Kameras zu seiner Linken, Porzellan und Gläser zu seiner Rechten, und im Regal hinter ihm alles, was man sich irgendwie vorstellen kann, wenn man an Antiquitäten denkt. Schwemer guckt gespannt auf den Bildschirm. Es läuft die kultige Trödelsendung „Bares für Rares“ (ZDF, wochentags 15.05 Uhr). Ein bisschen wundert sich der Händler schon. „Hier bei uns in der Straße würde keiner solche Summen zahlen“, sagt er.
Im Fernsehen sieht man, wie ein Mann aus Hanau eine Brosche schätzen lassen will. Ein Geschenk für die Ex-Frau, seiner neuen Partnerin gefalle das Schmuckstück nicht. „Ich glaube, das liegt nicht am Schmuck“, platzt es mit dem typischen rheinischen Dialekt aus Horst Lichters Schnurrbart heraus. Auf dem Flohmarkt habe der Teilnehmer sie damals für 50 Euro ergattert. Ein mehr als gutes Geschäft, wie sich herausstellen wird.
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„Fantasie-Preise“ bei „Bares für Rares“? Berliner Antik-Händler ist skeptisch
Die Brosche ist aus der Belle Époque um 1900. Vier Feinschliffdiamanten, 585er Roségold, fast perfekter Zustand – macht laut Expertise rund 1100 bis 1200 Euro. Dem Teilnehmer fallen fast die Augen aus dem Kopf. Da muss wohl jemand nicht gewusst haben, was er auf dem Trödelmarkt verkauft. Das könne öfter vorkommen, erklärt Schwemer. „Das sind meistens Privatpersonen, deren Oma gestorben ist. Die lösen den Haushalt selbst auf und versuchen damit noch ein bisschen Geld zu machen. Die sind da nicht so firm.“
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Tatsächlich springen 1100 Euro für den Hanauer raus – und das obwohl die Händler den Schätzwert erfragen. Der Berliner Antiquitätenhändler kann es nicht fassen: „Selbst wenn der Experte sagt, das hat einen Wert von 1200 Euro, dann kann ich den nicht als Ankäufer bezahlen. Ich als Händler bin dem Finanzamt gegenüber verpflichtet, Gewinne zu machen, sonst kann ich das lassen.“ 750 bis 800 Euro wären für ihn das Maximum. Irgendwie müsse man ja seine Miete zahlen können.
„Teilweise werden ja so Fantasie-Preise gezahlt, weil irgendeiner der Händler vielleicht einen speziellen Kunden im Hinterkopf hat, aber im Großen und Ganzen verstehe ich nicht so ganz, was da so für Preise bei ‚Bares für Rares‘ erzielt werden“, sagt der 78-jährige Schwemer. Seine Frau Evelyne setzt sich dazu. Sie hat den Laden „Antikes & Nippes“ 1999 gegründet und zwei Jahre später die Antikmeile ins Leben gerufen – ein Fest, bei dem alle 30 Händler der Suarezstraße groß auftischen.
Berliner Trödel-Ehepaar hält „Bares für Rares“ trotz hoher Summen für seriös
„Ich glaube, dass die Sendung nicht ganz echt ist. Da kommt bestimmt vom ZDF noch was an Geld dazu“, spekuliert die 75-jährige. „Ja, so ganz kann das nicht mit rechten Dingen zugehen“, sagt ihr Mann. Vielleicht werde das TV-Erlebnis für den Zuschauer dadurch einfach das entscheidende Bisschen attraktiver. Das heißt aber nicht, dass das Ehepaar die Sendung komplett verurteilt. Jochen Schwemer spricht von einer „seriösen Veranstaltung“. Regelmäßig schalten er und seine Frau ein, lernen viel durch die ausführlichen Erklärungen der Experten.
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Denn alles können die Antiquitätenhändler nicht wissen. Und wenn wir ehrlich sind – die Experten in der Sendung auch nicht. „Sie dürfen nicht davon ausgehen, dass wenn die Leute da hinkommen und ein Silber-Etui aus 1800 zeigen, dass die Experten aus dem Stehgreif wissen, was das ist. Die Leute melden sich an, sie präsentieren, was sie da anbieten wollen, und dann machen sich die Experten vorher sachkundig, um da fundiert vor der Kamera drüber reden zu können“, sagt Jochen Schwemer.
Verhandlungen in wenigen Augenblicken? So realistisch ist „Bares für Rares“
Nach der Brosche geht es weiter mit zwei Figuren aus Porzellan, Reiter auf Dromedaren, die eine Mutter und ihre Tochter aus Unterfranken im Gepäck haben. Porzellan verkaufen Schwemers viel, gerne von großen Porzellan-Firmen wie KPM und Rosenthal. Schmuck hingegen sei für sie ein rotes Tuch, zu gefährlich sei es, mit „zwielichtigen Figuren“ in Kontakt zu kommen.
Bei den Kamelen handelt es sich um Biskuitporzellan aus den Amphora-Werken, einer Manufaktur im Königreich Böhmen. Da wäre für die Berliner ein Blick ins Bestimmungsbuch nötig gewesen. „Erstmal ist immer wichtig, ob Dinge restauriert worden sind oder nicht. Auf alle Fälle ist am Boden eine Manufakturmarke zu sehen. Dann ist bei Porzellan immer entscheidend, ob es zweite Wahl ist und ob da irgendwelche optischen Fehler sind. Da muss nicht zwingend irgendetwas abgebrochen sein, sondern da ist dann ein schwarzer Punkt am Rand oder ein Pickelchen unter der Glasur“, weiß Jochen Schwemer.
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Die Kamele haben tatsächliche kaputte Stellen – und werden auf 400 bis 500 Euro geschätzt. „Für zwei beschädigte Figuren!“, schießt es aus dem Antik-Händler heraus. Er würde seinen Kunden bei so einem Angebot fragen, ob sie selbst so einen Preis zahlen würden. Die Verkäuferinnen in der Sendung lassen sich auf 350 Euro ein. Das Ganze passiert rekordverdächtig schnell.
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Um sich das zu erklären, haben die Antik-Experten aus der Suarezstraße einige Theorien: Vielleicht knicken die Leute unter dem Druck der Fernsehkameras einfach oft ein. Andererseits sind einige vielleicht einfach froh, wenn sie ihre Gegenstände endlich verkauft bekommen – haben sie geerbt, können sie ja sowieso nur gewinnen. „Wenn sie das an ein Auktionshaus liefern, dann haben sie da gar keinen Einfluss mehr drauf, das ist für den Verkäufer unattraktiv. In dieser Position hier kann man verhandeln und bekommt das Geld direkt“, so Jochen Schwemer.
„Bares für Rares“ wird auch nach 2000 Folgen „niemals an Charme verlieren“
Ob sie das wirklich erst vor der Kamera tun, ist eine andere Frage. Denn am realistischsten scheint: „Wenn ich sehe, wie lange wir hier manchmal mit Kunden plappern, egal ob wir uns einig werden oder nicht, dann wird es da in der Produktion auch vorher schon irgendwie eine Einigung und Absprachen geben“, so Jochen Schwemer. Schließlich haben die Akteure wohl einen strengen Zeitplan bei über 1500 produzierten Folgen seit 2017. Die erste Folge gab es 2013. Bis heute hält sich die Antiquitäten-Show als Quotengarant des ZDF.
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„Ich glaube auch, dass das Thema Antiquitäten und die Sendung niemals an Charme verlieren wird. Das wird immer irgendwo aktuell sein. Solange der Lichter sich nicht zu sehr versucht, in den Vordergrund zu drängen!“, sagt Evelyne Schwemer mit einem Schmunzeln. Was die beiden so begeistere, sind die außergewöhnlichen Funde, die die Teilnehmer vorbeibringen. „Wir schlagen nur manchmal die Hände über dem Kopf zusammen“, so Jochen Schwemer. „Manche dieser Sachen werden günstig verkauft, andere zu absoluten Hochpreisen.“
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Irgendwie müsse man versuchen, den Experten zu vertrauen und den Händlern zu glauben, dass sie ein gutes Geschäft machen. Neidisch sind die beiden Berliner schon ab und zu und würden gerne mal um den ein oder anderen Schatz mitbieten. In ihrer eigenen Wohnung sammeln sie nicht so viel. Auch „Bares für Rares“ gucken sie nicht jeden Tag nach der Arbeit im Laden. Irgendwann habe man schließlich auch die Nase voll von Antiquitäten.