Moskau. .
Die Waldbrände in Russland dehnen sich immer weiter aus. Jetzt wurde der Notstand an einer russischen Wiederaufbereitungsanlage im Ural verhängt. Den Ärzten wurde offenbar ein Maulkorb verpasst.
Angesichts einer herannahenden Feuersbrunst haben die russischen Behörden am Montag in der Umgebung einer atomaren Wiederaufbereitungsanlage im Ural den Notstand verhängt. Dies teilten die örtlichen Behörden auf ihrer Internetseite mit. Es handelt sich um die Anlage von Majak, wo atomare Abfälle gelagert und wiederaufbereitet werden.
Russland bekommt die verheerenden Wald- und Moorbrände nicht in den Griff: Seit Freitag verdreifachte sich im Großraum Moskau die brennende Fläche auf 210 Hektar, wie das Katastrophenschutzministerium am Sonntag mitteilte. Bürgermeister Juri Luschkow, der bislang zu den Feuern geschwiegen hatte, brach nach Angaben der Stadtverwaltung seinen Urlaub ab. Über der Hauptstadt Moskau liegt seit Tagen eine dichte Rauchdecke, die zusammen mit der extremen Hitze das Leben unerträglich macht. Die Schadstoffbelastung in der Metropole mit ihren 10,5 Millionen Einwohnern lag das Sechsfache über den zulässigen Werten.
Der von den Bränden herrührende beißende Qualm bahnte sich mittlerweile seinen Weg in U-Bahn-Schächte. Viele Moskowiter tragen Atemschutzmasken. Meteorologen zufolge wird die Stadt noch bis Mittwoch unter einer dicken Rauchwolke versinken. Die Bundesregierung liefert als Sofortmaßnahme 100.000 Atemschutzmasken. Die Behörden riefen die Bevölkerung auf, die Häuser möglichst nicht zu verlassen.
Ärzte berichten im Internet von vielen Toten
Ein Moskauer Krankenhausarzt berichtete im Internet, die Zahl der an Herzschlag und Atemwegserkrankungen gestorbenen Menschen sei rapide angestiegen. „Die Kühlboxen (für die Leichen) sind voll.“ Allerdings seien die Mediziner - wie zu Sowjetzeiten üblich - angewiesen worden, die Todesursachen zu verschweigen.
„Wir dürfen die Diagnose nicht nennen. Wir wollen nicht entlassen werden, weil wir Familien zu ernähren haben“, schrieb der anonym gebliebene Arzt auf einer Internetseite. Ein anderer Arzt, der seinen Namen ebenfalls nicht genannt wissen will, berichtete von ähnlichen Vorgaben. Die Stadtverwaltung lehnte eine Stellungnahme zu den Vorwürfen ab.
Schutzgraben um Atomwaffenzentrum
In der besonders betroffenen Provinz Nischni Nowgorod gruben Soldaten Medienberichten zufolge einen acht Kilometer langen Graben zum Schutz eines Atomwaffenzentrums. Wie der Radiosender „Echo Moskau“ am Samstag berichtete, soll er ein Übergreifen der Flammen auf die Anlage im 350 Kilometer östlich von Moskau gelegenen Sarow verhindern. Dem Katastrophenschutzministerium zufolge hat sich die Lage nahe der Einrichtung, wo zu Sowjetzeiten die ersten Atom- und Wasserstoffbomben entwickelt worden waren, stabilisiert. Alle in dem Zentrum lagernden explosiven und radioaktiven Stoffe waren nach Angaben der Behörden bereits an andere Standorte verbracht worden.
Angeheizt wurden die Wald- und Torfbrände von der größten Hitze seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 130 Jahren. Mindestens 52 Menschen kamen nach offiziellen Angaben bislang ums Leben. 4000 Menschen haben ihre Häuser verloren. Zahlreiche Flüge wurden gestrichen. (rtr)