Essen. . Der Zoll richtet 2016 eine Spezialeinheit ein, die im Ruhrgebiet Jagd auf die Zigaretten-Mafia macht. Er verdoppelt damit die Schlagkraft.

Die Zollfahndung rüstet auf. Ab dem Jahr 2016 stationiert sie im Ruhrgebiet eine Spezialeinheit, die ausschließlich im Kampf gegen die Zigaretten-Mafia eingesetzt werden soll. Geplant sind Posten für 30 Fahnder. Das ist eine Verdoppelung der personellen Kapazität gegenüber heute, bestätigt Ruth Haliti vom Zollfahndungsamt in Essen.

Ob die Einheit direkt beim für NRW und Teilen Niedersachsens zuständigen Zollfahndungsamt in der Essener Weiglstraße oder an einem der Hauptzollämter eingerichtet wird, ist derzeit noch offen.

"Hier schlägt das Herz des Zigarettenschmuggels"

Haliti unterstreicht die Notwendigkeit der massiven personellen Aufrüstung im Ruhrgebiet: „Hier schlägt das Herz des Zigarettenschmuggels“. Denn nach einem Lagebericht des Zolls hat sich der Rhein-Ruhr-Raum - neben Berlin - zur großen Drehscheibe für den illegalen Handel mit den unversteuerten und oft gefälschten und damit hochgradig gesundheitsschädlichen Zigarette entwickelt.

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Zwischen 2012 und 2014 ist die Menge der beschlagnahmten Ware im Bereich des Zollfahndungsamtes Essen von zwölf auf über 20 Millionen Stück gewachsen. Der größte Coup der Fahnder gelang 2014: die Aufdeckung einer illegalen Zigarettenfabrik im belgischen Eupen. Damals wurden 18 Verdächtige festgenommen. Das Landgericht in Paderborn hat inzwischen hohe Haftstrafen zwischen dreieinhalb und siebeneinhalb Jahre ausgesprochen. Die Urteile sind allerdings noch nicht rechtskräftig.

Schwarze Kippen im Direktvertrieb

Anders als in Berlin ist ein Straßenhandel mit illegalen Zigaretten im Revier weniger üblich. Dafür werden die unversteuerten Zigarettenstangen, die im Schnitt 20 statt legal 50 Euro kosten, in Vereinen, am Arbeitsplatz oder auch in Wohnungen direkt angeboten. Die illegalen Lagerstätten sind am Rand des Ruhrgebiets oder innerhalb der Städte eingerichtet und fast immer schnell über Autobahnen zu ver- oder entsorgen. Die Zulieferung erfolgt zunehmend auch aus Belgien und den Niederlanden, nicht mehr nur aus Osteuropa.

In vielen Fällen steckt Organisierte Kriminalität hinter dem Handel. Sie operiert dabei auch mit einschlägiger Ausrüstung – von Störsendern bis zu Schusswaffen. Dabei geht es um viel Geld. Der Steuerausfall des Staates liegt angeblich bei einer Milliarde Euro im Jahr. Der Schaden für die ahnungslosen Konsumenten kann viel schlimmer sein: Teilweise enthalten die Angebote Mäusekot, Cadmium, Knochenreste oder auch Plastikteile.

Im Ruhrgebiet möglicherweise jede zweite Zigarette unversteuert

Wie hoch der Anteil der unversteuerten konsumierten Zigaretten in Deutschland tatsächlich ist, kann nur geschätzt werden. „Jede fünfte Zigarette, die hier konsumiert wird, ist nicht in Deutschland versteuert“, glaubt der Deutsche Zigarettenverband.

Seine Methode, das auszurechnen: Er lässt seit 2004 leere Schachteln sammeln und diese auf ihre Steuer-Merkmale oder andere Auffälligkeiten hin überprüfen. Monat für Monat sind das 12.000 Verpackungen. Andere Erhebungen kommen zum Schluss, dass die Anteile der „gerauchten Illegalen“ in Berlin und im Ruhrgebiet bei bis zu 50 Prozent liegen.

Deshalb ist auch das Revier Schwerpunkt einer breit gestreuten Kampagne, die in den nächsten Tagen startet. Sie steht unter dem Motto „Schmuggelkippen – krimineller als man denkt“ und soll darauf hinweisen, dass der Kauf der unversteuerter Zigaretten „kein Kavaliersdelikt ist“ . Dahinter stehen der Hersteller Philipp Morris und die Lotto/Toto-Annahmestellen.