Essen. . Nicht nur Samsung-Geräte können im Wohnzimmer mitlauschen. Längst bieten viele Alltagsgeräte Spracherkennung an. Das Problem ist der Datenschutz.
Sie gehört zum Pflichtprogramm jedes Agententhrillers: Die Szene, in der Agent X plötzlich die Wanze in seinem Hotelzimmer entdeckt, die Feind Y dort versteckt hat. Sieht man sich den neuesten Aufreger in Sachen Internet und Datenschutz an, könnte diese Szene bald anders ablaufen: Agent X zertrümmert den Fernseher in seinem Hotelzimmer, weil Feind Y dessen Spracherkennung aktiviert hat.
Bereits am vergangenen Samstag veröffentlichte das Internet-Blog „netzpolitik.org“ eine Meldung, die sich wie ein Lauffeuer im Internet verbreitete. Blogger Markus Beckedahl zitierte eine Passage des Endbenutzer-Lizenzvertrages (EULA) des Elektronikriesen Samsung.
Sprachdaten an „Drittanbieter“
Darin weist das Unternehmen darauf hin, dass die Spracherkennung der sogenannten „Smart-TV-Geräte“ nicht zwischen Sprachbefehlen und privaten Gesprächen unterscheiden könne. Ob der Nutzer also „umschalten“ anordnet oder dem Besuch pikante Details seines letzten Dates schildert – der Fernseher hört eifrig mit, speichert und sendet die Sprachdaten an „Drittanbieter“.
Konkret heißt es bei Samsung: „Sollten Ihre gesprochenen Worte persönliche oder andere sensitive Informationen enthalten, weisen wir Sie darauf hin, dass solche Informationen zu denen gehören, die das Spracherkennungssystem mit aufzeichnet.“
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Es ist das Problem unseres überschießenden Datenverkehrs: Wo Daten übermittelt und aufgezeichnet werden, besteht auch die Gefahr, dass Feind Y – in welcher Person auch immer er in Erscheinung tritt – sie abfischt und Unfug damit treibt. Kritiker der Spracherkennungstechnik, die auch in Fernsehgeräten anderer Hersteller zu finden ist, bemängeln vor allem, dass die einmalige Aktivierung und Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen Samsung umfassende Abhörrechte einräume. Auf Nachfrage erklärte ein Samsung-Sprecher, die Aufzeichnung laufe erst dann, wenn eine Taste auf der Fernbedienung gedrückt werde. Also alles halb so schlimm?
Samsung als Sündenbock
Viele halten die Empörung ohnehin für übertrieben: Jeder könne selbst entscheiden, ob er derartige Dienste in Anspruch nehme. Und überhaupt: Samsung müsse als Sündenbock herhalten, wo doch die Technik der Spracherkennung längst von zahlreichen anderen Geräten genutzt werde.
Tatsächlich verfügen gerade Smartphones bereits seit längerer Zeit über die Möglichkeit der Spracherkennung. Mit den Befehlen „Hey, Siri“ bzw. „Ok, Google“ aktiviert man Funktionen, die ebenfalls ziemlich gut zuhören und ihre Anfragen über ausländische Server abwickeln. Wie genau das Handy oder auch der Computer lauschen, lässt sich in den Datenschutzinformationen zu Googles Browser Chrome nachlesen: „Bei Verwendung der Funktion wird eine Audioaufnahme an Google gesendet“ – allerdings erst, nachdem der Nutzer die Funktion mit „Ok, Google“ aktiviert habe.
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Die Einschränkung folgt im nächsten Satz: „Chrome sendet auch einige Sekunden der Audioinhalte vor dem Ausdruck ,OK Google’ an Google, damit die Auslöse-Wörter besser von Chrome erkannt werden können.“ Letzteres lässt sich allerdings in den Einstellungen unterbinden. Dass zusätzliche Informationen wie Betriebssystem, Hersteller und Modell des genutzten Computers und seiner Audiohardware übermittelt werden, scheint da fast nebensächlich.
Auch bei Amazon und Facebook
Auch Amazon experimentiert weiter mit Spracherkennung – nach „Fire TV“ und „Fire TV Stick“ nun mit seinem internetfähigen Lautsprecher „Amazon Echo“. In den USA wird der momentan von einem kleinen Nutzerkreis getestet, bisher ist nicht klar, ob die Sprachdaten wirklich erst nach Aktivierung mittels eines Codewortes übertragen werden oder auch schon vorher.
Wo so viele große Fische beteiligt sind, darf Facebook nicht fehlen: In einem Post verkündete Manager David Marcus, dass man gerade die Spracherkennung für den Facebook-Messenger teste.